Das Forschungsfeld rund um die Polizei gestaltet sich als schwer zugänglich, weshalb es auch in Österreich an Daten mangelt, auf die sich berufen werden könnte. Ebenfalls fehlt eine unabhängige Meldestelle für Polizeigewalt – die im aktuellen österreichischen Regierungsprogramm vorgesehene Beschwerdestelle wurde installiert, doch unabhängig ist diese nicht. Bereits im Vorfeld hat das Antirepressionsbüro eine Website eingerichtet, auf der sich Betroffene und Zeug:innen von wahrgenommener Polizeigewalt melden und anonym ihre Perspektive auf polizeiliche Maßnahmen wiedergeben können ...
Desiderat PolizeiMeldeStellen
Fridays For Future: Schulstreik für den Klimaschutz
Weil die Teilnahme an Demonstrationen während der Schulunterrichtszeit nicht erlaubt ist, drohen Schüler_innen (SuS), die regelmäßig den Fridays-For-Future-Protesten beiwohnen, verwaltungsstrafrechtliche (§ 24 Abs 4 SchPflG) bzw disziplinarische (§ 45 Abs 5 iVm § 33 Abs 2 lit c SchUG) Sanktionen. Die drohenden Sanktionen sind geeignet, dass SuS von einer Demonstrationsteilnahme absehen. Folglich liegt eine faktische Beeinträchtigung vor, die als Eingriff in die Versammlungsfreiheit (Art 11 EMRK) gewertet werden kann. Aufgrund des materiellen Gesetzesvorbehalts in Art 11 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff nur zur Erreichung bestimmter Zwecke zulässig und muss einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten. Insb bei jenen SuS, die die allg neunjährige Schulpflicht erfüllt haben und bereits aktiv wahlberechtigt sind, steht mE eine disziplinarische Sanktion aufgrund der hohen Relevanz der Versammlungsfreiheit für eine demokratische Gesellschaft außer Verhältnis.
Das Allgemeine im Blick
Anlässlich des Vorschlags, weitere Grundrechte in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufzunehmen, geht der Beitrag der Frage nach, weshalb die Grund- und Menschenrechte im westlichen Verständnis in erster Linie dem Schutz der Güter und Interesse des Einzelnen dienen. Der Schutz von Kollektivrechtsgütern ist durch Grundrechte ist hiesigen Rechtsordnungen dagegen fremd. Nach einer kurzen Darstellung der Rechtslage in Europa sucht der Beitrag eine wesentliche Ursache dieser Trennung in der Funktion der Menschenrechte in den bürgerlichen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts. Er erinnert daran, dass den Menschrechten in diesem historischen Zeitpunkt, in dem sie zum Leitbegriff gesellschaftlicher und staatlicher Ordnung avancierten, ungeachtet ihrer Funktion zur Abschaffung der (absoluten) Monarchien und der Durchsetzung von Demokratie und (damals allerdings stark begrenzter) politischer Gleichheit ein beschränkter Begriff der Menschenrechte zugrunde lag, der stark auf den Schutz des Privateigentums fokussiert war. Ein abschließender Ausblick fragt danach, welche rechtspolitischen Schlussfolgerungen sich hieraus für den Schutz von Rechtsgütern der Allgemeinheit ergeben.
Vom Wert der Versammlungsfreiheit im demokratischen Rechtsstaat
Teile der Politik fordern ein härteres Vorgehen gegen die verkehrsbehindernden Protestaktionen von Klimaaktivist:innen, zuletzt etwa vermehrt in Zusammenhang mit den „Klimakleber:innen“ der Letzten Generation. Derzeit wird das Festkleben auf der Straße in erster Linie verwaltungsstrafrechtlich geahndet; es drohen Geldstrafen. Aus Niederösterreich wurde aber bereits ein Vorschlag für eine Novelle des Versammlungsgesetzes vorgelegt, die auch Freiheitsstrafen vorsieht. Tatsächlich ist die Versammlungsfreiheit ein verfassungsrechtlich garantiertes Grundrecht, das sowohl in der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch in der Grundrechtecharta verankert ist und einen Eckpfeiler des demokratischen Rechtsstaats darstellt. Höhere Strafen stellen demokratiepolitisch bedenkliche Einschüchterungsversuche dar. Der vorliegende Beitrag soll untersuchen, inwieweit derartige Vorstöße zur Straferhöhung im Spannungsverhältnis zum Recht auf Versammlungsfreiheit stehen.
Getting SLAPPed – Strategische Prozessführung gegen die Klimabewegung
Strategische Prozessführung gibt es nicht nur auf Seiten der Klimabewegung, sondern auch gegen sie: Industrieunternehmen nutzen die Justiz, um Klimaaktivist:innen zurückzudrängen und einzuschüchtern. Dieses im angelsächsischen Raum als SLAPP (strategic litigation against public participation)-Verfahren bekannt gewordene Vorgehen stellt eine Herausforderung für die Klimabewegung, aber auch den Rechtsstaat dar. Der Beitrag gibt als explizit parteiisches Schlaglicht aus der anwaltlichen Praxis einen Überblick über die verbreitetsten Strategien und die damit verbundenen Probleme und macht Vorschläge, wie die Klima- und Umweltbewegung sich dagegen zur Wehr setzen kann.