Neue höchstgerichtliche Entscheidungen setzen sich mit dem Rechtsschutz in Klima- und Umweltfragen auseinander: Der Verfassungsgerichtshof wies einen Antrag auf Aufhebung von Teilen des Klimaschutzgesetzes zurück, der sich auf die Kinderrechte der Antragsteller_innen stützte. Frühere Klimaklagen scheiterten vor dem VfGH wiederholt wegen fehlender Antragslegitimation. Bei der neuesten Entscheidung thematisierte er dies zwar, ließ aber letztlich offen, ob die eng interpretierten Voraussetzungen der Antragslegitimation erfüllt waren ...
Bleibt die Antragslegitimation Türhüter für Klimaklagen?
Im Gerichtssaal und auf der Straße – unterschiedliche Wege, ein Ziel?
Die Klimagerechtigkeitsbewegung in Deutschland hat in manchen Bereichen ähnliche Ziele wie (strategische) Klimaklagen. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist der Hambacher Forst, für dessen Erhalt Aktivist*innen und die lokale Bevölkerung jahrelang mit großem Engagement stritten. Einen Rodungsstop bewirkte aber letztlich ein Gerichtsurteil, bevor der Wald durch einen politischen Beschluss erhalten wurde. Gleichzeitig ist auch klar, dass politischer Aktivismus von sozialen Bewegungen anderen Logiken folgt als juristische Prozesse: hier viele meist ehrenamtlich Aktivist*innen, dort einzelne NGOs oder gut bezahlte Anwält*innen, hier kollektives Entscheiden, dort ein gerichtliches Verdikt, hier Elemente gelebter Utopie, dort Nutzung herrschaftförmiger Verfahren. Die These ist, dass sich beide Handlungsansätze im Kampf für gesellschaftliche Veränderung und Klimagerechtigkeit ergänzen, ohne dass ihr Verhältnis immer ganz reibungsfrei ist; die unterschiedlichen Stärken und Schwächen beider Ansätze arbeitet dieser Text heraus.
Gericht halten über uns selbst
Wenn Recht auf die Bühne kommt, wird Unaussprechliches verhandelbar. Vor Gericht und auf dem Theater bringen Inszenierung und Spiel Unübersichtliches in eine Ordnung. Am Beispiel des Gerichtsdramas Ökozid wird die Verwandtschaft zwischen Gericht und Theater anschaulich. Im Kontext der Strategic Climate Litigation, die für den Karlsruher Klimabeschluss vom März 2021 ebenso charakteristisch ist wie für andere vielbeachtete Klimaverfahren, verbindet sich die performative Form des gerichtlichen Verfahrens mit anderen Spielarten juristischer Intervention. Der Blick auf historische Beispiele solcher Inventionen schärft den Blick für die Dramatik heutiger Verfahren. Fritz Bauer etwa war ein Pionier strategischer Rechtskommunikation, der Gestaltungs- und Möglichkeitsräume transformativer Intervention eröffnete, die bis heute inspirieren. Er knüpfte an von Film und Theater beeinflusste kommunikative Strategien an, die international erstmals in den Nürnberger Prozessen entwickelt und erprobt worden waren.