Das Verhältnis von Rassismus und Recht scheint in den österreichischen Rechtswissenschaften im Gegensatz zu gegenwärtigen deutschen Rechtsdebatten eher wenig beachtet. Der vorliegende Heftschwerpunkt antwortet auf diese Leerstelle. Er soll Orientierungspunkte und Anregungen für eine rassismuskritische Rechtswissenschaft bieten. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie das Recht selbst an der Herstellung und Aufrechterhaltung von Rassismus teilhat(te) und wie dieses Verhältnis gefasst und untersucht werden kann. Die im Schwerpunkt versammelten Beiträge stellen theoretische Rahmen für rassismuskritische Analysen vor und zeigen konkrete Manifestationen rassistischer Verhältnisse in der Geschichte und Gegenwart auf, etwa mit Blick auf Polizei, Arbeitswelt, Bildung und reproduktive Rechte.
Freundschaft in Zeiten von COVID-19
Seit Beginn der Covid-19-Pandemie ist die Reduktion von privaten Sozialkontakten wesentlicher Bestandteil der Strategien, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Allerdings muss bedacht werden, dass auch jene Sozialbeziehungen grundrechtlich geschützt sind, die sich außerhalb der Kernfamilie und der stabilen und monogamen Lebensgemeinschaft abspielen. Der vorliegende Beitrag skizziert, inwiefern Freundschaftsbeziehungen durch die Covid-19-Verordnungen eingeschränkt werden und welches Bild von Freundschaft hinter den einschlägigen Bestimmungen steht.
Rereading Crenshaw
Kein Abstract
Ausnahmen vom Einbürgerungskriterium des gesicherten Lebensunterhalts
Der vorliegende Beitrag bespricht § 10 Abs 1 Z 7 iVm § 10 Abs 1b Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG), der eine Ausnahme von den ökonomischen Einbürgerungsvoraussetzungen vorsieht: Menschen, die unverschuldet nicht in der Lage sind, einen gesicherten Lebensunterhalt nachzuweisen, sollen in bestimmten Fällen dennoch Zugang zur Staatsbürgerschaft haben. Das Gesetz nennt Behinderung und schwerwiegende Krankheit als exemplarische Fälle. Der Beitrag zeigt, dass die Rsp den Anwendungsbereich der Bestimmung dermaßen verengt, dass ihr demonstrativer Charakter weitgehend verloren geht, wiewohl gute Gründe für ein weiteres Verständnis der Bestimmung sprechen.
Ein Standardwerk für eine rassismuskritische Rechtswissenschaft
Doris Liebscher hat mit „Rasse im Recht – Recht gegen Rassismus. Genealogie einer ambivalenten rechtlichen Kategorie“ (2021) ein Werk vorgelegt, welches das Potential zum Standardwerk für rassismuskritische Rechtswissenschaft hat. Es leistet notwendige Begriffsarbeit, zeichnet historische Entwicklungslinien nach und bleibt bei aller interdisziplinären und rassismustheoretischen Expertise im Recht verankert.
Wer war Pauli Murray (1910–1985)?
Sowohl die in den USA des 20. Jahrhunderts wirksamen Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse als auch die sozialen Bewegungen dagegen kreuzen sich in Pauli Murrays Lebensgeschichte (1910-1985) in exemplarischer Weise. Sie war als Aktivistin und Juristin in der Arbeiter:innenbewegung, der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung und der Frauenbewegung aktiv und gilt als intersektionale Vordenkerin. Mit ihren juristischen Argumentationen war sie vielfach ihrer Zeit voraus und Wegbereiterin für entscheidende Rechtsentwicklungen. Ihre Biographie nicht nur die Geschichte einer Schwarzen Juristin, die sich dem Kampf für Menschenrechte und Gerechtigkeit verschrieb, sondern auch die Geschichte einer nicht-binären/transidenten Person, die ihre Geschlechtsidentität aufgrund der gesellschaftlichen Umstände zeitlebens weitgehend unter Verschluss hielt. Der vorliegende Beitrag macht einführend mit Pauli Murray und ihrem Wirken bekannt.