Etwa 7.400 Personen befinden sich in stationärer psychiatrischer Behandlung in österreichischen Krankenanstalten, die Hälfte davon zwangsweise. Gegenwärtig basiert die Regelung der zwangsweisen Anhaltung psychisch Kranker auf der Entmündigungsordnung von 1916 und dem Krankenanstaltengesetz von 1956. Gemäß § 49 Abs 1 KAG dürfen nur solche Personen in einer Krankenanstalt für Geisteskranke aufgenommen werden, für die eine Parere (Beschl'ingung) beigebracht wird, wonach anzunehmen ist, dass die aufzunehmende Person infolge einer Geisteskrankheit ihre oder die Sicherheit anderer Personen gefährdet. Gemäß § 52 Abs 2 KAG sind zwangsweise angehaltene Personen nicht nur im Fall ihrer Heilung zu entlassen, sondern jedenfalls auch dann, wenn sie ihre oder die Sicherheit anderer nicht mehr gefährden. Die Anhaltung gemäß § 22 EntmO ist mit Beschluss zu entscheiden, ob die weitere Anhaltung in der Anstalt zulässig ist oder der Angehaltene als geistig gesund befunden zu entlassen ist. Der OHG meint in einer Entscheidung 1, dass das gerichtliche Anhaltungsverfahren nur ein Schutzmittel dagegen sei, dass Gesunde nicht unberechtigt in ihrer Bewegungsfreiheit gefährdet werden. Der OHG betont die Selbstständigkeit der verwaltungsrechtlichen Regelung. Die Frage, ob die anzuhaltende Person infolge einer Geisteskrankheit ihre oder die Sicherheit anderer gefährdet, hat nach KAG der zuständige Amtsarzt, nicht aber das Gericht zu entscheiden. Wenn nun im österreichischen Recht die Geisteskrankheit keinen ausreichenden Grund für eine zwangsweise Internierung abgibt, so kann die Einschaltung der unabhängigen richterlichen Kontrollinstanz im Anhaltungsverfahren unmöglich den Sinn haben, dass der Richter bloß das Vorliegen der Geisteskrankheit prüft, zumal er dabei ohnehin auf den Sachverständigen angewiesen ist. Was hilft es dem Angehaltenen, wenn er "verwaltungsmäßig" weiter angehalten werden kann? Beschränkt man die Prüfung des Richters nur auf den Geisteszustand, so kommt der Richter in die absurde Situation, einem "ungefährlichen" Kranken erklären zu müssen, dass er rechtswidrig aufgenommen (entgegen § 59 KAG) und rechtswidrig (entgegen § 52 Abs 2 KAG) angehalten wurde, dass aber seine Anhaltung im Sinne des Gesetzes (§ 22 EntmO) zulässig, also rechtmäßig ist. Wenn nun der Kranke die Rechtsordnung der Schizophrenie verdächtigt, ist ihm das schwerlich anzulasten 2.
Voraussetzungen der Anhaltung
§ 3 stellt nunmehr klar, dass nur mehr angehalten werden kann, wer an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit bzw. die anderer Personen gefährdet und nicht in anderer Weise ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann. Eine Unterbringung ist daher nur zulässig, wenn die Gefahr, die vom Kranken für sich oder andere ausgeht, nicht anders als durch eine zwangsweise Unterbringung abgewendet werden kann. Die Anhaltung wegen einer bloßen Behandlungsbedürftigkeit ist somit ausgeschlossen. Derzeit werden viele alte Menschen einzig und allein deshalb angehalten, weil sie an seniler Demenz in verschiedenen Zustandsbildern leiden. Gemeingefährlichkeit liegt aufgrund der physischen Konstitution dieser meist weit über 80-jährigen nie vor. Die Selbstgefährdung besteht jedoch darin, dass diese Personen nicht mehr in der Lage sind, sich selbst ohne fremde Hilfe zu versorgen, weshalb die Anhaltung in der Regel für zulässig erklärt wird und dies meist für einen Zeitraum von (i. Monaten). Die notwendigen sozialen Dienste oder auch Plätze in Altersheimen, die eine entsprechende geriatrische Versorgung sichern, stehen nur unzureichend zur Verfügung. Dieser Missstand wird durch das neue Gesetz nicht behoben, danach wie vor ohne adäquate Hilfe das Leben dieser Menschen gefährdet ist. Abhilfe schafft hier nur der Ausbau der sozialen Institutionen.
PatientenanwältInnen
Aufgrund des Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetzes - VSPAG - in Verbindung mit § 13 UbG hat einen geeigneten Verein Personen für die Vertretung von psychisch Kranken namhaft zu machen, die dann vom Vorsteher des jeweils zuständigen Bezirksgerichts zu PatientenanwältInnen bestellt werden. Die Hauptaufgabe dieser PatientenanwältInnen ist die Vertretung des Kranken im Unterbringungsverfahren und bei der Wahrnehmung seiner sonstigen Rechte.
Verfahren
Voraussetzung für die zwangsweise Aufnahme ist eine Parere eines Amtsarztes, in welcher die Gründe für die Einweisung dargelegt werden. Bei Gefahr im Verzug ist eine Parere nicht notwendig. Aufgrund des Art'des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit hat nunmehr binnen 4 Tagen nach Kenntnis der Unterbringung eine Anhörung des Kranken durch das Gericht stattzufinden, und es hat dabei über die Zulässigkeit der weiteren Anhaltung mit Beschluss zu entscheiden. Wurde bei dieser Tagsatzung die weitere Anhaltung für zulässig erklärt, so ist innerhalb von 14 Tagen eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in welcher unter Anwesenheit des Anstaltsleiters, eines oder mehrerer Sachverständiger und des Patientenanwalts sowie des Betroffenen über die allenfalls weitere zwangsweise Unterbringung zu entscheiden ist. Wird sie für unzulässig erklärt, ist die angehaltene Person sofort zu entlassen, es sei denn, der Anwaltsleiter meldet Rekurs, und diesem wird vom Gericht aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die höchst zulässige Anhaltefrist beträgt 3 Monate. Beschränkungen der Bewegungsfreiheit des Kranken auf einen Raum oder innerhalb eines Raumes (z.B. Netzbett) sind unverzüglich
dem Vertreter des Kranken mitzuteilen. Auf Verlangen hat das Gericht über die Zulässigkeit solcher Beschränkungen unverzüglich zu entscheiden. Besondere Heilbehandlungen, z.B. Elektroschocks einschließlich operativer Eingriffe, bedürfen der Genehmigung des Gerichts. Dieses hat sich in einer Tagsatzung an Ort und Stelle einen persönlichen Eindruck vom Kranken unter Einbeziehung des Anstaltsleiters, des Patientenanwalts und eventuell auch eines Sachverständigen zu verschaffen. Die Kosten des Verfahrens, im Wesentlichen Sachverständigengebühren, trägt der Bund. Es wird die Praxis zeigen, ob durch dieses Gesetz eine effektive Verbesserung des Schutzes der psychisch Kranken erreicht wird oder es lediglich geduldiges Papier darstellt. Es trat am 1. Jänner 1991 in Kraft.