Die Quintessenz junger europäischer Intelligenz hatte sich getroffen. Eine Idee musste her. Handlungsbedarf herrschte, denn immer lauter wurden in den letzten Monaten die systemgefährdenden Rufe nach einer Bundesheerreform. Da saß sie, die junge Elite. Schwiegersöhne wie aus dem Bilderbuch, engagiert für das Wahre, Gute und Reine. Allesamt nun junge Herren, einstmals Kinder bester Stuben. Als richtige Männer ihren Idealen für ewig verpflichtet, vaterlandsverbunden und trou. Ganz im Sinne ihrer gesamteuropäischen Bestrebungen waren der Kreativität keine Grenzen gesetzt und beim Brainstorming verloren sie die allerletzten Hemmungen. Schon seit Wochen hatten sie sich die Gehirne zermartert, wie sie ihre Forderungen möglichst young, urban und professional zu Plakat bringen könnten. Der Gerstensaft als natürlicher geistiger Katalysator war schon beinahe verbraucht, als - infolgedessen wohl - der hervorragendste Kopf der Runde "die Idee" gebar. Das Ergebnis ist dem Niveau der jungeuropiden in jeder Hinsicht würdig. Ausgesprochen originell und so ganz anders als das andere kann man/frau da auf Plakat Nummer eins lesen: dass die Jes den Grundwehrdienst wie die Liebe erledigt haben will. Wüsste man/frau nicht um die Weltoffenheit und tägliche Reflexion der Herren müsste man/frau sich fragen, wie sie um Gottes, Himmels, Christi Willen lieben. Welch unendliche Armut in geistiger und seelischer Hinsicht würde sich sonst offenbaren. Naheliegender könnte allerdings die These sein, dass die Jungherrn im Zuge des kollektiven Pflichtkinobesuches (zwecks Identitätsfindung) beim allzu konzentrierten Beobachten von Tom Cruise zu viel Popcorn gewischt hatten. Dass sie infolgedessen Wallungen ihrer Gedärme für solche der Gefühle hielten, ist bei solch hohem Maß cosmopolitischer Differenziertheit wahrscheinlich. Insofern scheint auch ihre Assoziation zur Landesverteidigung wieder logisch. Doch nein, so tief darf man/weib nicht gehen. Schließlich handelt es sich bei dieser Initiative um kein Niederwild sondern um die genetische und geistige Elite. Für die Erforschung dieses Geniestreiches wird man/frau daher weiter ausholen müssen. Wäre doch auch möglich, dass sie sich gerade in Evolution üben. Wäre es doch bislang verpöntest, die Army mit irgendwelchen Gefühlen nicht platonischer Natur zu verbinden. Psychologen behaupten zwar seit Jahren anderes, dennoch: Für die wahren Kenner dieser Materie ist unbestritten, dass die Form der Raketen eine rein zufällige ist. Auch das mit den Pistolen und den Gewehren, die ab und an vorn Kügelchen verlieren. Alles Zufall. Könnte doch auch so sein, dass die Jes (immer schon berüchtigt für ihre progressive Denkungsart) nunmehr psychologisches Terrain erobert und, mit lobendem Beispiel vorangehend, die Aufarbeitung ihrer sexuellen Missstände in Angriff nimmt. Dennoch: vor so viel Selbstoffenbarung zittern einer/m die Knie. Gäbe es da nicht noch ein zweites Produkt morgendlicher Gerstenkultur, dahinschmelzen möchte man/frau vor so viel stämmig teutschen Mannstums. Doch leider übertreffen sie sich manchmal selbst an Esprit und Ideenreichtum und so existiert ein zweites Plakat. Dass 4 Monate zu wenig wären, erfährt man/frau über dem Bild eines sterbenden Soldaten, der in besseren Zeiten (68) unter dem Titel "WHY" gestorben war. Abgesehen davon, dass die Jes ihren akuten Jürglingsschwund auszugleichen versucht, indem sie sich (wie auf diesem Plakat zu lesen) durch Bezeichnungen wie "Juristen für Landesverteidigung" auswalzt, fordern sie 8 Monate Wehrdienst, wohl weil es sich dann besser stirbt. Doch auch Satire hat ihre Grenzen, in diesem Fall eine natürliche nach unten, ungeachtet des Faktums, dass dazu Vorsatz vonnöten ist. Keinesfalls möchte die Autorin dieser einmalig engagierten Bewegung Absicht in welch wie auch immer gearteten Hinsicht unterstellen. Sonst könnte sich am End' noch deutlicher offenbaren, wes Geistes Kind sie sind (die Gamsbärte).