Fortschrittliche Politik am Juridicum

Die konservative Übermacht am Wiener Juridicum bröckelt ab. Das kritische fortschrittliche Potential ist in den letzten Jahren gewachsen. Anlässlich der kommenden ÖH-Wahlen luden wir VertreterInnen der fortschrittlichen Fraktionen zu einem Round-Table Gespräch ein.   Diskussion: Diego Garfias (VSStÖ) Thomas Sperlich (KSV) Maria Windhager (Muki Di Rui) Das Gespräch führten Franz Mauthner und Anna Sporrer   Einen Anlass für das heutige Round-Table Gespräch bieten natürlich die kommenden ÖH-Wahlen. Darüber hinaus glauben wir aber, dass sich durch den StudentInnenstreik 1987, durch die Politisierung eines großen Teiles der JusstudentInnen, die Möglichkeiten und Anforderungen fortschrittlicher Politik am Wiener Juridicum überhaupt geändert haben. Das zeigt sich nicht nur am Entstehen einer neuen Fraktion (Muki Di Rui), sondern an einer Stärkung der fortschrittlichen Kräfte überhaupt. Der erste Fragenkomplexsollte daher sein: Was ist überhaupt fortschrittliche Politik? Und: Wie wollt ihr diese Politik betreiben, wie grenzt ihr euch gegeneinander ab oder wie wollt ihr zusammenarbeiten? Interessant ist in diesem Zusammenhang die Trennung des VSStÖ und des KSV von Muki Di Rui, wo ja ursprünglich beide vertreten waren. Bild 1: Diego Garfiaz: "Wir sitzen drinnen, ihr nicht." Garfias: Bezüglich des Streiks ist folgendes zu sagen: Die Entwicklung des Herbst '87 zur größten Streikbewegung seit den 60-er Jahren, die ja für niemanden wirklich absehbar war, hat sicherlich eine größere Politisierung an den eher "linken" Fakultäten gebracht (der Streik ist ja von der GRUWI ausgegangen). Das Ganze hat sich dann auch irgendwie auf die juridische Fakultät ausgebreitet und wir vom VSStÖ-Jus waren im Gegensatz zu unserer zentralen Organisation von Anfang an von an diesem Streik beteiligt, weil wir gesehen haben, dass sich zum ersten Mal eine von der Basis kommende Bewegung herauskristallisiert. Der Streik hat sich dann aber anders entwickelt, als wir alle gedacht haben: Er wurde einerseits inhaltlich sehr eingeschränkt, was natürlich die Schuld der ÖH-Exekutive - also der "Aktionsgemeinschaft" - war. Es ging dann nur mehr um diese Kürzung der Familienbeihilfen und um nicht mehr. Wir haben aber den Streik als eine Bewegung gegen den gesamten Sozialabbau gesehen. Und aus diesem Streik ging dann Muki Di Rui hervor. Man hat allerdings nie genau gewusst, was das sein soll. Am Anfang waren alle fortschrittlichen Kräfte drinnen (also VSStÖ, KSV und Unabhängige).   War das der einzige Grund, dass ihr dabei wart? Dass alle anderen auch dabei waren? Garfias: Nein. Es war irgendwie eine Struktur, die sich entwickelt hat, wo über die Belange des Streiks geredet wurde. Sperlich: Na, Muki Di Rui hat sich eigentlich herausentwickelt aus den Strukturen, die sich im Streik gebildet haben, aus dem Streikkomitee am Juridicum, wo jene StudentInnen, die den Streik getragen haben, sich organisiert haben. Aus dieser Streikplattform hat sich dann eben Muki Di Rui entwickelt. Und am Anfang waren eben VSStÖ und KSV und - was ja vor allem wichtig war - unabhängige Leute drinnen. Denn gerade an der juridischen Fakultät neigen die fortschrittlichen Leute ja dazu, halt ihr Studium "hinunterzubiegen" und ansonsten an der Universität nichts zu machen. Und meines Wissens war das das erste Mal, dass sich diese Leute auch gesammelt haben und das war damals eben Muki Di Rui. Wobei man das vom heutigen Muki Di Rui eben unterscheiden muss, nachdem es im Herbst '88 zu diesem Bruch gekommen ist. Windhager: Also ich möchte zum Streik folgendes sagen: Die Verbindung zur '68-er Bewegung fällt mir sehr schwer, weil das eine ganz andere Bewegung war. Garfias: Entschuldige, ich hab's nicht verglichen, ich habe nur gesagt, dass das der größte Streik war seit... Windhager: Ja, gut. Ich meine nur, dass man auch den Unterschied herausarbeiten muss. Dass der Streik nicht mit '68 vergleichbar ist, weil er sicherlich auch von der Thematik her sehr reduziert wurde und weil ihm die wirkliche ideologische Bewegung gefehlt hat. Der Sinn, den der Streik aber für mich gehabt hat, war, dass man einander näher kommt. Dass sich Leute, die vorher nicht aktiv waren, einfach einmal kennengelernt haben, dass man in diesem Streik auch an den bestehenden Fraktionen gewisse Dinge kritisiert hat und dass damit sicherlich eine gewisse Politisierung einhergegangen ist. Muki Di Rui hat sich nun seit dem Streik sicherlich verändert. Es waren damals auch andere Voraussetzungen. Zur Trennung im Herbst: Darüber zu reden ist jetzt etwas problematisch, weil da eine Menge persönlicher Angelegenheiten mitgespielt haben, die dann eine gewisse Eigendynamik entwickelt haben. Der Grund aber, warum die Trennung vom KSV dann wirklich durchgezogen wurde, ist das Bedürfnis gewesen, eine Eigenständigkeit zu entwickeln und eine unabhängige Selbstfindung zu gewährleisten und am Juridicum eine Gruppierung aufzubauen, die wirklich unabhängig ist - auch finanziell. Das schafft natürlich Probleme, aber es ist für mich der Versuch, sich auf Grund pragmatischer Überlegungen bestimmter Probleme anzunehmen. Bild 2: Thomas Sperlich: "Druck auf die Gremien." Sperlich: Du sagst, ihr wolltet eine unabhängige Gruppe werden, da muss man aber schon fragen, wer das wollte. Bei dem Bruch ist ja ungefähr die Hälfte der AktivistInnen hinausgegangen, weil Muki Di Rui die gesamte Konzeption geändert hat. Es war also nicht so, dass sich alle Unabhängigen in dieser Form sammeln wollten. Muki Di Rui war dann eben kein Sammelbecken mehr, sondern es ist selbst zur Fraktion geworden. Es war dann offensichtlich nicht mehr möglich, bei zwei Fraktionen zu sein, und dass war auch der Grund, warum man die KSV-ler "hinausgeschmissen" hat. Windhager: Die Frage, an der sich das Ganze aufgehängt hat, war natürlich die Kandidatur beziehungsweise - damit verbunden - die Fraktionsbildung. Es ist klar, dass sich Muki Di Rui verändert hat, weil es eben Fraktion werden wollte. Und damit war diese Unvereinbarkeit verbunden. Was hätte denn Muki Di Rui denn sonst sein sollen? Eine Unter- oder Nebenorganisation des KSV? Sperlich: Ich möchte ja zu der Frage kommen: Wie versteht man ein Bündnis überhaupt? Und es geht ja nicht nur darum zu diskutieren, was war, sondern vor allem, wie es weitergehen soll. Es hat eben ein Bündnis gegeben, das gescheitert ist, und wir sollten herausarbeiten, warum das gescheitert ist und was man in Zukunft besser machen soll. Es geht darum festzustellen, wie die fortschrittlichen Fraktionen Bündnispolitik betreiben wollen. Ob es nur darum geht, dass man sich abgrenzt, in dem man seine Unabhängigkeit herausstreicht, was ist überhaupt diese Unabhängigkeit? Es hat ja nicht nur das Bündnis in Muki Di Rui gegeben, sondern es hat auch Bündnisgespräche zu dieser kommenden Wahl gegeben, die auch auf keinen grünen Zweig geführt haben. Tja, und Muki Di Rui ist eben der Prototyp des Scheiterns, weil man aus irgendeiner Borniertheit... Windhager: In Muki Di Rui ist sehr viel gelaufen, es hat sich sehr viel auf persönlicher und emotionaler Ebene abgespielt, was ich jetzt nicht mehr aufrollen möchte. Für mich ist es sehr positiv, wenn es mehrere fortschrittliche Organisationen gibt. Und Muki Di Rui bekennt sich auch zur gewerkschaftlichen Orientierung, das heißt: Man arbeitet zu konkreten Themen, die am Juridicum oder gesamtpolitisch anfallen, zusammen. Es 'gibt ja schon' jetzt eine gemeinsame Kandidatur für die Studienabschnittsvertretungen. Und es gibt die Idee eines gemeinsamen Frauenprojekts. Warum es im Sommer noch nicht zu einer gemeinsamen Wahlplattform gekommen ist? Es war einfach so, dass Muki Di Rui als neue Fraktion zuerst einmal Erfahrungen sammeln und seine Unabhängigkeit öffentlich dokumentieren wollte. Garfias: Unsere "Scheidung" von Muki Di Rui war ja viel früher und das hat damit zu tun, dass die Streikstruktur, aus der Muki Di Rui hervorgegangen ist, von uns immer gedacht war als Zusammenarbeit aller fortschrittlichen Kräfte. Ein Grund für unsere "Scheidung" war, dass in Muki Di Rui viele gedacht haben, es wird da irgendwie die "große Linke" geben. Das Problem war, dass wir ideologisch nicht Unabhängig sind, sondern ein Teil der sozialdemokratischen Bewegung. Außerdem gab es in Muki Di Rui die Stimmung, auf die größte fortschrittliche Fraktion (VSStÖ) verbal hinzuschlagen. Und das konnten wir einfach nicht mittragen, weil wir auf diesem Juridicum noch immer zwei Mandate haben und eine gewisse Verantwortung tragen. Wir waren daher nicht bereit, uns hier "aufsaugen" zu lassen. Bei einigen Leuten hat hier von Anfang an der Gedanke mitgespielt: Wir wollen einmal kandidieren, wir haben da alle Linken und vielleicht können wir dann etwas reißen. Sperlich: Als ihr ausgeschieden seid, ist es noch gar nicht um eine Kandidatur gegangen, … Garfias: Dazugekommen ist eben auch noch, dass wir zeitweise ungerechtfertigt kritisiert wurden, obwohl wir unsere Infrastruktur zur Verfügung gestellt haben. Das konnten wir halt nicht mehr mittragen und deswegen sind wir Bild 3: Maria Windhager: "Die Basis nicht unterschätzen." ausgeschieden. Ich bin mir nicht sicher, ob nicht vielleicht alle fortschrittlichen Kräfte am Juridicum eine historische Chance verpasst haben, indem wir uns alle zu einer linken Plattform zusammenschließen hätten können.   Von der Form zum Inhalt?   An den drei Fraktionen fällt auf, dass die Auseinandersetzung hauptsächlich um Strukturen geführt wird. Inhaltliche Differenzen treten kaum auf, zum Beispielbesteht Einigkeit über die Forderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter, über Antifaschismus - auch darüber, dass Umweltthemen an Bedeutung gewinnen. Es geht aber nicht nur darum, allgemein als fortschrittlich anerkannte Themen an die juridische Fakultät zu tragen, es geht ja darum, dass man Politik mit Studierenden und für Studierende macht. Was sind eigentlich eure inhaltlichen Unterschiede?   Windhager: Wollen wir jetzt ganz konkret politische Themen, meinetwegen auch weltpolitische Themen diskutieren? Ich glaube das würde den Rahmen dieser Diskussion sprengen. Das ist gerade das Problem! In dieser Allgemeinheit sprengt die Diskussion nicht nur den Rahmen dieses Gesprächs, sondern der Politik am Juridicum überhaupt. Windhager: Ja, also ganz konkret zum Politikmachen am Juridicum: Das heißt für mich vor allem selbst, als Person, aktiv zu sein. Und zwar aktiv dahingehend, dass ich mich mit dem, was ich hier lerne, auseinandersetze und dass man versucht, diese Auseinandersetzung öffentlich zu führen. Wichtig ist für mich auch ein aktionistisches Element, dass man versucht, Aktionen zu machen, mit denen man die Leute aufrütteln kann. Man sollte auch versuchen, die fortschrittlichen Gruppierungen zusammenzuführen. Dabei sollte aber die Identität der einzelnen Gruppen gewahrt bleiben. Sperlich: Wichtig ist vor allem die Politik für und mit Studierenden. Die JusstudentInnen haben den Eindruck, dass sie an ihren Misserfolgen bei Prüfungen selbst schuld sind. Woran liegt es, dass eine Durchfallsquote von 60 Prozent am Juridicum absolut normal ist? Liegt es daran, dass die StudentInnen zu dumm oder zu faul sind? Oder liegt es daran, dass heute eine ganz massive Auslese getroffen wird? Und dass daneben die privaten Nachhilfeinstitute wie Schwammerln aus dem Boden schießen, und dass das ein versteckter Weg zur Privatuni und zur Elitenbildung ist? Und wie weit hängt das zusammen mit der Allgemeinpolitik, wie mache ich das den Studierenden bewusst, sodass ich durch den Protest der StudentInnen den Professorenklar mache: So geht es nicht mehr! Dass StudentInnen, die sich diese Nachhilfekurse nicht leisten können, die Prüfung nicht schaffen - oder nur mit viel höherem Aufwand. Es ist ein Skandal, dass die Stipendienbezieher für dieses Jahr noch keine Bescheide bekommen haben und dass das eine riesige Unsicherheit darstellt - vielleicht bekomme ich einen ablehnenden Bescheid und dann habe ich eben Pech gehabt. Nur weiß ich eben erst mit fünfmonatiger Verzögerung, ob ich überhaupt weiterstudieren kann. Man kann die Uni-Politik nicht von der Gesamtpolitik trennen. Man muss nicht nur eine bornierte Studentenpolitik betreiben, sondern es wird ja allgemein die Sozialpolitik verschärft. Andererseits muss man ganz konkret an der Universität die Anliegen der Studierenden vertreten. Und da müssen wir, KSV, Muki Di Rui und VSStÖ, uns eben endlich zusammenraufen - es wäre schön, wenn wir uns endlich einmal raufen würden, wenn die Diskussion laufen würde, inhaltlich und taktisch.   Bild 4 Bild 5 Garfias: Es gibt zwei Problemkreise~ Einerseits die Struktur des Studiums, wie ist das Studium formal strukturiert; was sind die Voraussetzungen zu studieren? Das andere sind dann die inhaltlichen Probleme. Da hat der VSStÖ bestimmte inhaltliche Konzepte. Was heißt das konkret? Einerseits geht es um eine inhaltliche Neuorientierung, besonders in Richtung eines interdisziplinären Studiums. Andererseits um die formale Struktur, wie diese Inhalte dann gelernt werden, in welchem Rahmen. Sturer Frontalunterricht oder projektorientiertes, verstärkt wissenschaftliches Lernen. Eine andere konkrete Forderung ist, dass man bei den Diplomarbeiten endlich statt der Klausur wahlweise eine Hausarbeit schreiben kann. Die Frage ist jetzt: Wie macht man das am Juridicum, wie kann man diese Inhalte transportieren? Wir stehen zur ÖH, zum Bestehen der ÖH. Wir glauben auch, dass diese Gremien transparenter werden müssen. Dazu muss aber auch das UOG novelliert werden - es gibt in manchen dieser Gremien immer noch eine Verschwiegenheitspflicht. Wir sind uns alle einig, dass man die Leute mehr für ihre Problematik sensibilisieren muss. Ich sehe dieselbe Gefahr wie der Thomas, dass man einen versteckten, sozialen numerus clausus einführen will. Die hohen Durchfallsquoten können nicht nur an der "Dummheit" der StudentInnen liegen, das muss wohl auch an den Lehrenden liegen. Auch die Abgrenzung zur "Aktionsgemeinschaft" ist wichtig: Wir verstehen uns nicht als ein Servicebetrieb, wir verstehen die Fachschaft nicht als eine studentische Behörde, wo du hinkommst und das Gefühl hast, du bist in einem "Minidekanat". Ich glaube aber auch, dass man kurzfristig etwas erreichen muss in den Gremien, in die man gewählt wurde. Es ist, nebenbei gesagt, auch bezeichnend für die Unfähigkeit der AG, dass man in manche Gremien VSStÖ-ler hineingesetzt hat, weil wir dort immer kritische Worte gefunden haben, wo sich die AG geziert hat. Windhager: Ich möchte dich jetzt wieder an die gewerkschaftliche Orientierung erinnern. Darunter stelle ich mir einen punktuellen Zusammenschluss der Gruppierungen vor. Es geht darum die Gremien zur Informationsbeschaffung zu nützen, dann aber gemeinsam mit der Basis Druck zu machen, die Basis soweit wie möglich einzubinden. Sperlich: Diego, du sprichst von einer Änderung des UOG, die wird aber über die UOG-Gremien nicht möglich sein, sondern dazu braucht es dann eine gewerkschaftliche Orientierung indem Sinn, dass die Basis einbezogen wird, die Gremien dienen da nur mehr zur Information. Garfias: Wir stehen ja alle zur ÖH als Körperschaft öffentlichen Rechts. Das schließt aber nicht aus, dass man die Basis in irgendeiner Weise einbindet. Doch es wäre verfehlt zu glauben, dass man mit der Basis alles erreichen kann. Schaut's, ihr seids neu, auch der KSV hat keine Repräsentanz am Juridicum, hat also kein Instrument, um seine Inhalte zubringen, außer der Basis - wir haben es. Das schließt nicht aus, dass man die Informationen auch weitergibt an die Basis. Windhager: Das ist aber schon eine starke Gewichtung für die Gremienarbeit. Du weißt sehr gut als Vertreter des VSStÖ, dass eure Vertreter dort nichts erreichen. Wenn mir die Susanne Lackner erzählt, dass sie bei der Beschlussfassung über die Verwendung des Budgets der Studienabschnittsvertretung niedergestimmt worden ist, … Wenn mir das passiert, darin ist es doch meine Pflicht, zur Basis zu gehen, wenn ich der Meinung bin, dass hier nicht im Sinne der Studierenden entschieden wurde. Garfias: Unsere Arbeit an der Fakultät ist von vorneherein sicherlich auf die Gremienarbeit gerichtet. Wo du falsch liegst, ist, dass wir dort nichts erreicht hätten. Wir haben bestimmte Dinge durchaus erreicht, obwohl die "Aktionsgemeinschaft" dort die Mehrheit hat. Windhager: Ja, aber problematisch wird es eben dort, wo ich in den Gremien nichts durchsetze. Sperlich: Du brauchst dir nur die Mehrheitsverhältnisse am Juridicum anzusehen. Da ist klar, dass der VSStÖ nicht viel erreichen wird können. Die AG hat eben eine erdrückende Mehrheit. Garfias: Zwischen VSStÖ und KSV besteht eben ein Unterschied: dass wir in den Gremien sitzen und ihr nicht... Sperlich: Du wirst allein durch Gremienarbeit am Juridicum nichts erreichen, weder gegen die AG noch gegen die Professoren. Die Frage ist: renne ich blind und wütend gegen eine Mehrheit, gegen die ich nicht ankomme? Es, ist natürlich auch notwendig, dass man in den Gremien auftritt. Es ist aber auch irrsinnig wichtig, dass man die Gremien als Informationszugang sieht. Daneben muss ich mir natürlich auch andere Wege überlegen. Garfias: Wenn man in den UOG-Gremienjetzt noch in der Minderheit ist, schließt das nicht aus, dass man dieses Instrument immer noch halten will. Zur Mobilisierung der Basis: ich halte es für sehr wichtig, die Leute an der Basis zu informiere und zu politisieren, dass man sich an sie wendet und versucht, mit ihnen gemeinsam etwas zu erreichen. Es ist aber illusorisch zu glauben, dass wir eine linke Basismehrheit am Juridicum haben. Wenn die Probleme so akut werden, dass man sich nur mehr an die Basis wenden kann, um etwas zu erreichen, dann werden wir was tun. Das ist etwas, was der derzeitigen Exekutive vollkommen widerstrebt. Die füttert die Leute mit irgendwelchen Dingen voll, bietet ihnen Service, hat aber überhaupt nicht den Anspruch, sie für ihre eigenen Probleme zu sensibilisieren. Sperlich: Ein Beispiel für einen großartigen Erfolg in den Gremien war die Abstimmung in der Fakultätsvertretung über die Urabstimmung beim Streik '87. Da hat die Susanne Lackner einen Spitzenantrag gestellt, dass die "Urabstimmung" abgelehnt wird und der Antrag ist durchgegangen. Und daran sieht man die Unsinnigkeit der Trennung von Gremien- und Basisarbeit. Der Antrag ist durchgegangen, weil der Druck von der Basis da war. Es ist also möglich: man kann durch die Basisarbeit die Gremien beeinflussen. Das ist das Wichtige. Dass die Gremien nicht abgehoben dastehen und dass es nicht nur um Informationen geht, sondern dass durch den Druck von der Basis... Windhager: Es geht für mich einfach um die Frage der Politik und des Zuganges. Ich sage mir: Wenn ich gewählt werde, dann muss ich diesen Auftrag entsprechend erfüllen. Dazu gehört für mich Information, die momentan nicht existiert. Und es geht weiterhin darum, dass ich mit der Basis zusammenarbeite. Besteht nicht ein Zusammenhang zwischen den vorhin genannten inhaltlichen Problemen - also der Konkretisierung von Inhalten - und diesem Verhältnis zur Basis? Das ist anscheinend ein Problem, das alle drei Fraktionen haben. Dass die Basis irgendwo herumgeistert mit abstrakten Interessen, die man sowieso voraussetzt. Das ist ein Problem der politischen Kultur - wie schätzt ihr das ein? Sperlich: Man muss die Studierenden eben aus dieser individuellen Betroffenheit herausreißen. Und das geht nur; indem man sie informiert. Das ist eben das Wechselspiel zwischen der Basis und den Gremien. Und ich kreide dem VSStÖ an, dass er das eben eineinhalb Jahre überhaupt nicht gemacht hat. Windhager: Mein Zugang, der Zugang von Muki Di Rui, ist auch, diese politische Kultur zu fördern, weil durch die momentane Tätigkeit der Fraktionen ein ganz verständliches Misstrauen der StudentInnen vorhanden ist - wenn politische Fraktionen irgendwie als Sprungbrett verwendet werden für eine politische Karriere, also wirklich missbraucht werden. Ich finde, man sollte diese Basis nicht unterschätzen. Die Leute sind nicht im eigentlichen Sinn desinteressiert. Man kann sie interessieren, indem man Möglichkeiten aufzeigt. Das ist für mich der Sinn der politischen Arbeit: Wegzukommen von diesem Einzelstudium ("geht mich eh alles nichts an, ich will nur meine Prüfungen ablegen"). Garfias: Wir wissen, dass dieser Informationsfluss problematisch ist. Es war immer ein Problem für uns, die Arbeit, die wir in den Gremien leisten, die Kritik, die wir dort üben, weiterzugeben und aufzuzeigen, was wir dort wirklich machen. Das ist ja auch ein finanzielles Problem, weil es nicht möglich ist, dauernd Flugblätter zu produzieren. Ich glaube, und da sind wir uns ja alle einig, dass auch das Forum - das ja vom Hochschülerschaftsgesetz vorgesehen ist - die HörerInnenversammlung aktiviert werden muss. Und dass es wichtig ist, dass diese Versammlungen auch wirklich stattfinden. Je mehr Leute da drinnen sitzen, umso mehr politische Kultur, politischer Druck und Sinnhaftigkeit wird sich aus diesem Gremium ergeben. Fest steht jedenfalls, dass diese - noch - eher anonyme Basis in vielfältiger Weise in die Politik an unserer Fakultät eingebunden werden muss. Auch wir haben uns ja mit unserer Zeitschrift unter anderem auf die Suche nach der kritischen StudentInnenschaft gemacht. Das Gespräch hat auch ergeben, dass die Zusammenarbeit der fortschrittlichen Fraktionen enger werden soll und wir hoffen, dass diese Diskussion weiter geführt wird. Die kommenden ÖH-Wahlen werden ja zeigen, ob sich die politische Kultur am Juridicum bereits verbessert hat.

Fotos & Illustrationen des Artikels: 
Ohne Basis geht nichts
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