Mir kommt das Kotzen. Wieder einmal ist ein Akt der Erniedrigung über eine Gruppe von JusstudentInnen niedergegangen. Die Situation wird immer unerträglicher. Diesmal hat es die Erstsemestrigen erwischt. Bei der Prüfung aus Einführung sind ursprünglich über 70% "Flecks" verteilt worden. Das aber erst, nachdem die ursprünglichen Anforderungen für ein Genügend drastisch gesenkt worden waren. Gegen den heftigen Widerstand Professor Walters wurden dann die Punkteanforderungen noch einmal herabgesetzt. Aber auch in anderen Bereichen kommt es immer wieder zu Katastrophen: die Durchfallsquote von 80 Prozent beim letzten Termin aus Römischem Recht wird auch bei Walter-Prüfungen im Öffentlichen Recht erreicht. Im Bürgerlichen besteht die Vor- und Nachbereitung zu Prüfungen bei manchen Professoren aus wüsten Beschimpfungen der StudentInnen, wobei Schimpforgien weit eher für die miserable Prüfungsvorbereitung angebracht wären. Was steckt dahinter? Was hinter diesen Ergebnissen steckt? Zum Einen sicher die Illusionen mancher StudentInnen, mit wenig Aufwand komplizierte Stoffgebiete bewältigen zu können. In weit höherem Maß geht es aber um schlechte Prüfungsvorbereitung von Seiten der Lehrenden - Ergebnis einer Überlegenheitsmentalität und Verachtung der StudentInnen. Man(n) fühlt sich berufen zum Aussieben der "arbeitsunwilligen" Elemente im Sinne eines Numerus Clausus und wünscht sich so 80 Prozent der Studierenden durch absurde Prüfungsbedingungen als den letzten Dreck abqualifizieren zu können. Und die Betroffenen? Wie reagieren nun die StudentInnen? Mit Niedergeschlagenheit. Eine Erstsemestrige, die sich intensiv auf die Einführungsprüfung vorbereitet, um dann auf Grund absurder Fragestellung und Benotung "mit Bomben und Granaten" - wie man ihr mitteilt - durchzurasseln, sucht die Schuld zuerst bei sich selbst. Damit beginnt das System der Demütigung, Erniedrigung und Entsolidarisierung ("ich bin besser als die") zu wirken, das - im Laufe des Studiums verfeinert und präzisiert - den gesetzestreuen und anpassungsfähigen Juristen produzieren soll. Was herauskommt, sind dann anpassungsfähige, aber sicher keine guten JuristInnen. Wer soll was ändern? Ändern können darum nur die StudentInnen selbst etwas. Die derzeitige StudentInnenvertretung durch die AG-Exekutive vermag daran nichts Grundlegendes zu ändern. Sie betreibt vor allem eine Art Geheimdiplomatie mit den ProfessorInnen und AssistentInnen, die sicher auch ihre Berechtigung hat, in manchen Fällen unerlässlich ist. Gegenüber den StudentInnen werden dann die errungenen Kompromisse im Nachhinein als große Erfolge hinausposaunt. Eine vorherige breite Diskussion und eine grundlegende Information der Studierenden finden nicht statt. Genau so machen es die "Großen" in der Politik. Aber das kann doch nicht alles sein! Freiwillig werden uns die Lehrenden nichts schenken. Wir müssen Druck machen! Grundlegende Voraussetzung dafür ist eine Erneuerung der studentischen Organisation auf unserer Fakultät. Auf einer HörerInnenversammlung im März, die von MandatarInnen des VSStÖ veranlasst wurde, haben sich Leitlinien einer aktiven StudentInnenpolitik herauskristallisiert. Zahlreiche Erstsemestrige, einige TutorInnen, aber auch viele VertreterInnen der fortschrittlichen Fraktionen (VSStÖ, KSV, Muki Di Rui) am Juridicum brachten Vorschläge und Ideen ein. Der Fakultätsvorsitzenden Rainer Hazivar erklärte sich für die AG – leider eher halbherzig - bereit, einige der Forderungen aufzugreifen und mitzutragen: -) Auf regelmäßigen, gut angekündigten HörerInnenversammlungen (die laut ÖH-Gesetz sowieso zweimal im Semester obligatorisch sind!) soll es darum gehen, 1.) die StudentInnen detailliert über die Arbeit der Fakultätsvertretung, insbesondere gegenüber den ProfessorInnen, zu informieren. 2.) gemeinsame Aktionen zu planen, wenn Verhandlungen nicht mehr ausreichen (Öffentlichkeitsarbeit, Protestaktionen, Vorlesungen, vor Instituten usw.). 3.) der Fakultätsvertretung Feed-back über ihre Arbeit von StudentInnenseite zu geben. 4.) Projekte über Zusammenarbeit mit den StudentInnen anderer Fakultäten zu erarbeiten, um unsere Isolation zu überwinden. -) Es ist aber auch nötig, die Fakultätsvertretung politisch zur Verantwortung zu ziehen, wenn sie Blödsinn macht. Daher gilt es, die Exekutive zu zwingen, die Fakultätsvertretungssitzungen - das "StudentInnenparlament" an unserer Fakultät - der breiten studentischen Öffentlichkeit zugänglich und schmackhaft zu machen. Dass soll heißen: gute Ankündigung, gute Sitzungstermine, geeignete Räume (derzeitige Praxis: Freitagnachmittag zu Semesterende). Vom VSStÖ versucht, ist das Erreichen dieses Ziels gegenüber der Fakultätsvertretung bisher noch niemandem wirklich gelungen. Was wartet auf uns? Erst diese Maßnahmen werden eine echte Chance eröffnen; Missstände auf Dauer abzustellen und echte Reformen in Angriff zu nehmen. Hier nur beispielhaft die allernotwendigsten Schritte, die zu setzen sind: In der Einführung steht eine grundlegende Reform an: Das Walter-Skriptum zum öffentlich-rechtlichen Teil ist schlecht - die schwierigsten Probleme sind oft nur in einem Satz abgehandelt. Die Prüfungsfragen sind oftmals absurd, d.h. unlösbar. Die Vorlesung Professor Walters ist eine Vorlesung im wahrsten Sinne des Wortes: das Skriptum wortwörtlich. Professor Walter interessiert es ganz offensichtlich in keiner Weise, den StudentInnen außer Minderwertigkeitskomplexen irgendetwas zu vermitteln. Zu fordern ist über die Abschaffung dieser Missstände hinaus eine Veröffentlichung des Punkteschemas, eine ordentliche Besprechung der Prüfungsarbeit und ein aktuelles Fragenskriptum. Im bürgerlichen Recht geht es vorerst darum, die Verletzungen primärster Menschenrechte auf Vermeidung menschenunwürdiger Behandlung, Erniedrigung und Abqualifizierung von StudentInnen durch selbst zur Lehre unqualifizierte Personen in ihren Lehrveranstaltungen zu unterbinden. Zum Schluss will ich ein wichtiges allgemeines Ziel, die freie Prüferwahl, nicht vergessen. Auch sie wird uns helfen, den katastrophalen Lehr- und Prüfungsalltag zu verändern.
Auslese am Juridicum