ARBEITSRECHT

Das Recht der Frauen auf Gleichbehandlung im Berufsleben wird in der öffentlichen Diskussion längst nicht mehr bestritten. Gleichbehandlungsgebote in der derzeitigen Form können dieses Recht aber nicht gewährleisten.
Die Kernbestimmung des Gleichbehandlungsgesetzes 1979 lautet:
"§ 2 (1) Auf Grund des Geschlechtes darf niemand
1. bei der Festsetzung des Entgelts,
2. bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen und
3. bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung auf betrieblicher Ebene diskriminiert werden; Diskriminierung ist jede benachteiligende Differenzierung, die ohne sachliche Rechtfertigung vorgenommen wird."
Unternehmen, die das Gleichbehandlungsgesetz nicht beachten und den Aufträgen der Gleichbehandlungskommission, die sich im Wesentlichen aus Vertretern der Sozialpartnerschaft zusammensetzt, nichtnachkommen, sind von Förderungsmaßnahmen des Bundes auszuschließen. Das zum wesentlichsten Inhalt des Gleichbehandlungsgesetzes.
Eine der ältesten Forderungen der Frauenbewegung, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, wird zur Forderung des Gesetzgebers. Denn um viel mehr als eine Forderung handelt es sich nicht, dazu fehlen dem Gesetz die durchschlagenden Sanktionen (die vorgesehene Veröffentlichung von beharrlichen Verstößen gegen das GleichbehandlungsG in den amtlichen Nachrichten des BMfAS wird vielleicht bewirken, dass der Unternehmer sich ein bisschen schämt) und vor allem die Bestimmungen, die sich mit dem Kernproblem jeder Gleichheitsdiskussion auseinandersetzen: Wann kann von einer "sachliche Differenzierung" gesprochen werden!
Denn eine benachteiligend Differenzierung wird durch das Gesetz dann nicht verboten, wenn sie auf ein für Entgelt, Sozialleistung oder Weiterbildung relevantes unterschiedliches Wesensmerkmal von Mann und Frau beruht.
Ob ein Wesensmerkmal relevant für die Höhe des Entgelts oder der Gewährung von Sozialleistungen ist, mag sich ja noch relativ leicht feststellen lassen, auch wenn es hier ebenfalls in einzelnen Fragen zum Aufeinanderprallen von Gegensätzen kommen kann.
Worin aber der Unterschied zwischen Frauen und Männern besteht, darüber besteht noch lange keine Einigkeit, nicht einmal eine annähernde. Bisweilen entsteht der Eindruck der einzige Fortschritt in dieser Diskussion bestünde darin, dass nicht mehr jede zweite Bemerkung eines Mannes zu dem Thema eine "witzige" über den "kleinen Unterschied" ist.
Der Gesetzgeber hat den internationalen Bestrebungen zur Gleichberechtigung der Frau und dem Anliegen der übereinkommen 100, 101 der ILO (International Labour Organisation) auf eine sehr formale Art entsprochen, die Auseinandersetzung aber weiter den Sozialpartnern und der Frauenbewegung überlassen. Er hat auf eine starre, aber dafür konkretere Regelung verzichtet und begnügt sich mit der Auffüllung seines nahezu inhaltsleeren Gesetzes durch die jeweils vorherrschenden Vorstellungen. Der Anspruch gesellschaftlich gestalterisch zu wirken kommt dabei natürlich zu kurz.
Dies soll nun an dem konkreten Beispiel Schwangerschaft, Kindererziehung, Mutterschutz verdeutlicht werden.
Für Unternehmerinnen, an die sich das Gleichbehandlungsgesetz richtet, hängt der Begriff "Sachlichkeit" eng mit dem der " Wirtschaftlichkeit" zusammen. Als Erstellerin einer Kosten-Nutzen-Analyse muss ich zwangsläufig zu der Überzeugung kommen, dass eine Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist, wenn ich sie deswegen vornehme, weil mich Frauen (um die es ja immer geht, eine Diskriminierung der Männer wird kaum behauptet) mehr kosten oder mir weniger nützen.
 
Der Ausschluss von Frauen von betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen wird sodann wie folgt begründet: Frauen sind für hohe und höchste Positionen in dem Betrieb nicht geeignet, da sie ja Kinder bekommen könnten, den Mutterschutz in Anspruch nehmen und ein Jahr in Karenz gehen und eine Einschulung für diesen kurzen Zeitraum schwierig und unrentabel ist. Die alte Leier also.
Aber solange es den Karenzurlaub für Männer nicht gibt, werden wir sie hören. Länger noch. Denn selbst wenn es zu einer derartigen Regelung kommt (ist derzeit in parlamentarischer Verhandlung) kann sich ohne weitere Schritte nichts ändern. Männer verdienen im Durchschnitt mehr als Frauen, man kann also getrost davon ausgehen, dass bei der überwiegenden Anzahl der Doppelverdienerhaushalte Männer finanziell mehr beitragen. Das wird bei der Entscheidung darüber, wer in diesem ersten Jahr zuhause bleibt in der Mehrzahl der Fälle zu dem Ergebnis führen, dass es wieder die Frauen sind.
Einerseits weil es schwierig sein wird Männer davon zu überzeugen, dass sie ihr Selbstwertgefühl nicht unbedingt über die Rolle des Ernährers und Erhalters zu beziehen brauchen.
Andererseits weil die wirtschaftliche Notwendigkeit für diese Lösung spricht. Die 2000 - 3000 öS, die Männer im Durchschnitt mehr verdienen sind oft unentbehrlich, eine partnerschaftliche Beziehung wird zum Luxus. Immerhin würde aber in einer Karenzregelung, die Männer in derselben Weise wie Frauen einbezieht, eine Wertvorstellung des Gesetzgebers zu sehen sein, deren Fehlen oben bemängelt wurde. Eine unternehmerische Argumentation wäre auf dieser Ebene angreifbar.
Ein weiterer Ausgangspunkt für Kritik kann in den allgemein anerkannten Fürsorgepflichten des Arbeitsgebers gesehen werden, die es ihm/ihr verbieten, "seine" ArbeitnehmerInnen bloß unter einem Kosten/Nutzen-Aspekt zu sehen, wie überhaupt das Schlagwort vom verpflichtenden Eigentum in die Diskussion einbezogen werden kann.
Trotz dieser und anderer vorhandener Ansätze halte ich die derzeitigen gesetzlichen Regelungen nicht für ausreichend. Was also tun?
Verschiedentlich wurde eine "positive Diskriminierung" der Frau vorgeschlagen. So sollen, bei gleicher Qualifikation, Frauen bevorzugt eingestellt bzw. befördert werden.
Eine derartige Bestimmung gibt es für Zeitsoldaten, die ein Dienstverhältnis zum Bund anstreben, offenbar als Anerkennung für die Zeit, die sie der Landesverteidigung geopfert haben. Begründungen lassen sich für eine Bevorzugung von Frauen sicher zahlreich finden.
Ausgleich für lange Benachteiligung, Herstellen eines gerechten Zustandes, deutliches Signal, dass Frauen im Berufsleben auf allen Ebenen erwünscht sind u.a.m. Eine formale Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechtes müsste aber, da sie den Anschein der Ungerechtigkeit gegen sich hat, mit sehr handfesten und durchschlagskräftigen Argumenten begründet werden. Weiters wäre die konkrete Auswirkung einer solchen Bestimmung gering.
Um die Qualifikation zweier Bewerberinnen nachvollziehen zu können, könnten nur sehr grobe, unzureichende Maßstäbe, wie etwa Zeugnisnoten, herangezogen werden. Nicht nachvollziehbare, und damit auch nicht überprüfbare Bewertungen lassen aber zu viel Spielraum für eine Umgehung der Gesetze.
Mir scheint der Weg, in einem Gesetz taxativ die Gründe für eine Ungleichbehandlung aufzuzählen, gangbarer und befriedigender. Nicht nur weil ich ein Mann bin.
Eine derartige Änderung des GleichbehandlungsG in seiner derzeitigen Form, das ja, zumindest seinem Wortlaut nach, nicht einmal die sachlich nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung verbietet, kann dazu führen, dass über die Gleichberechtigung der Frau nicht nur en gros sondern auch en detail Einigung erzielt werden kann. Bis dahin werden aber jene, die in der Frauenbewegung eine Bedrohung sehen, ruhig schlafen können, und Schlafende geben zumeist nur Schnarcher von sich.