Wien. (zö). Es ist Frühling, und einige, von denen man es nicht unbedingt erwartet hat, können ihn jetzt in Freiheit genießen. In der BRD und Österreich wurden in letzter Zeit Menschen, die aus politischen Gründen in Haft waren, freigelassen. Die Umstände sind durchaus verschieden. Ingrid Strobl wurde bereits am 9. Mai aus der Haft entlassen. Der Schuldspruch des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichtes Düsseldorf - 5 Jahre Gefängnis wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach §129a StGB - fand vor den Augen des Bundesgerichtshofs keine Gnade: Der einzige Beweis, den Generalbundesanwalt Rebmann beibringen konnte, war bis zuletzt lediglich der Kauf eines Reiseweckers der Marke "Emes-Sonochron", der dann für einen Bombenanschlag der "revolutionären Zellen" auf die Kölner Lufthansa-Zentrale verwendet worden sein soll. Nach dem Spruch des Bundesgerichtshofes, der die laxe Beweisführung der Vorinstanz rüffelt, schreibt sogar der Spiegel (21/1990) Klartext: "Die Journalistin Ingrid Strobl war Opfer eines politischen Strafrechts geworden, mit dem bislang Rechtsbrüche, die eine geistige Nähe zu Zielen des Untergrunds vermuten ließen, gnadenlos verfolgt wurden". An selber Stelle zitiert das Nachrichtenmagazin die Meinung von Strafjuristen, dass damit "ein Signal für das Ende einer Ära exzessiver Strafverfolgung gegen mutmaßliche Terror-Anhänger" gesetzt worden sei. Wahr dürfte vielmehr sein, dass das Bundesgericht die unteren Instanzen zu mehr Gründlichkeit auffordern wollte. So rückten auch die Höchstrichter nicht von der Ansicht ab, Ingrid Strobl habe mit dem, was als Weckerkauf in die Geschichte der Strafjustiz eingeht, "einen linksextremistisch oder radikalfeministisch motivierten Bombenanschlag auf Gegenstände politischer Gegner unterstützen" wollen. Daraus folge jedoch nicht, dass sie sich zu den "revolutionären Zellen" geschlagen habe. In künftigen Fällen werden sich die "§ 129a-Senate" in Stuttgart-Stammheim, Düsseldorf und Frankfurt also mehr Mühe geben müssen, die Verbindungen zu einer "terroristischen Vereinigung" herzustellen. Freigelassen wurde auch Mathias Pachornegg, zwei Wochen nach der Opernballdemo. Nachdem er von Angehörigen der Sicherheitsakademie (Jahrgang 89/90 - wie es scheint kein guter) des staatspolizeilichen Büros der "Pol-Dion" festgenommen worden war, wirft man ihm nun folgendes vor: 1) Nichtbefolgung des Einberufungsbefehls 2) Sachbeschädigung 3) Widerstand gegen die Staatsgewalt 4) Schwere Körperverletzung sowie Störung der öffentlichen Ordnung. Da der Prozess am Kreisgericht Leoben stattfinden wird, bitten wir Interessierte, sich bei der Redaktion zu melden, die einen Prozessbeobachter entsenden wird.