"Minimale Schädiger“, öffentliche Fonds

Probleme bei der Inanspruchnahme minimal kausaler Schädiger

Von minimaler Kausalität wird gesprochen, wenn das Handeln vieler einen Schaden herbeiführt, die einzelnen Beiträge zum Schaden (im Sinne der conditio sine qua non ~ Theorie verstanden) jedoch geringfügig oder gleich Null sind. 39

Die Liquidation solcher Schäden scheitert in der Regel schon daran, dass die Probleme bei der Identifikation der vermeintlichen Schädiger schier unüberwindbar sind 40, ganz abgesehen von der Problematik der Verschuldensfrage 41. Soll damit der Ausgleich solcher Schäden de facto weithin unterbunden bleiben? Das kann wohl nicht wahr sein, denn: bei einer Gesamtbetrachtung dürfte sich ergeben, dass das Gesamtausmaß der mit großer Wahrscheinlichkeit drohenden Schäden durchaus dem ebenbürtig ist, was an Schäden aus Bestand und Betrieb umweltgefährdender Anlagen droht 42. Selbiges dürfte auch für die Eintrittswahrscheinlichkeit der jeweils typischen Schäden gelten. Damit sind aber genau die Argumente angesprochen, die von der Lehre zur inhaltlichen Rechtfertigung der bestehenden Gefährdungshaftungsnormen sowie von deren analoger Anwendung vorgebracht werden 43. Es liegt also nahe, die "Gesamtheit" der in Betrieb befindlichen Kraftfahrzeuge sowie die "Gesamtheit" der "düngenden" land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ebenfalls als umweltgefährdende Anlagen anzusehen bzw. sie haftungsrechtlich als solche zu behandeln. Praktisch bedeutet dies, dass man die beteiligten Rechtssubjekte jeweils zu einer Gefahrengemeinschaft zusammenschließt 44 und diese dann einer Gefährdungshaftung unterwirft. Organisatorische Voraussetzung ist jeweils bloß die Bildung eines passiv klagslegitimierten Fonds, der durch Beiträge der "Mithalter" 46 zu speisen sein wird 47; dabei muss nur darauf geachtet werden, dass die Höhe des individuellen Beitrages möglichst dem Grad an individueller Mitverantwortlichkeit 48 entspricht.

Probleme bei der Inanspruchnahme minimal kausaler Schädiger

Von minimaler Kausalität wird gesprochen, wenn das Handeln vieler einen Schaden herbeiführt, die einzelnen Beiträge zum Schaden (im Sinne der conditio sine qua non ~ Theorie verstanden) jedoch geringfügig oder gleich Null sind. 49

Die Liquidation solcher Schäden scheitert in der Regel schon daran, dass die Probleme bei der Identifikation der vermeintlichen Schädiger schier unüberwindbar sind 50, ganz abgesehen von der Problematik der Verschuldensfrage 51. Soll damit der Ausgleich solcher Schäden de facto weithin unterbunden bleiben? Das kann wohl nicht wahr sein, denn: bei einer Gesamtbetrachtung dürfte sich ergeben, dass das Gesamtausmaß der mit großer Wahrscheinlichkeit drohenden Schäden durchaus dem ebenbürtig ist, was an Schäden aus Bestand und Betrieb umweltgefährdender Anlagen droht 52. Selbiges dürfte auch für die Eintrittswahrscheinlichkeit der jeweils typischen Schäden gelten. Damit sind aber genau die Argumente angesprochen, die von der Lehre zur inhaltlichen Rechtfertigung der bestehenden Gefährdungshaftungsnormen sowie von deren analoger Anwendung vorgebracht werden 53. Es liegt also nahe, die "Gesamtheit" der in Betrieb befindlichen Kraftfahrzeuge sowie die "Gesamtheit" der "düngenden" land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ebenfalls als umweltgefährdende Anlagen anzusehen bzw. sie haftungsrechtlich als solche zu behandeln. Praktisch bedeutet dies, dass man die beteiligten Rechtssubjekte jeweils zu einer Gefahrengemeinschaft zusammenschließt 54 und diese dann einer Gefährdungshaftung unterwirft. Organisatorische Voraussetzung ist jeweils bloß die Bildung eines passiv klagslegitimierten Fonds, der durch Beiträge der "Mithalter" 55 zu speisen sein wird 56; dabei muss nur darauf geachtet werden, dass die Höhe des individuellen Beitrages möglichst dem Grad an individueller Mitverantwortlichkeit 57 entspricht.

Freilich stehen mit §1042 ABGB bzw. mit den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag Rechtsgrundlagen für mögliche Ersatzansprüche zur Verfügung 60. Aber warum soll es nur auf die Ersparnis, den Nutzen für den Schädiger ankommen, der diesem durch das Tätigwerden durch die öffentliche Hand zugekommen ist? Fatal ist vor allem der denkbare Einwand des Schädigers, dass die eigentlich Geschädigten ihre Ersatzansprüche gar nicht geltend gemacht hätten 61. Erwägenswert wäre es aber auch, die öffentliche Hand als mittelbar Geschädigten anzusehen und die Regeln über die Drittschadensliquidation anzuwenden 62. Streng genommen gibt es zwar keine "rechtliche" Pflicht der öffentlichen Hand zur Sanierung. Wenn der Bund aber z.B. im Rahmen des ALSAG (Altlastensanierungsgesetz) tätig geworden ist, so ist dem ein Verfahren vorausgegangen, das faktischen "Zwang zum Handeln" produziert hat 63; man kann also dann durchaus von einem Fall bloßer "Schadensüberwälzung" reden.

Noch zwingender erscheint meiner Einschätzung nach aber das Argument, dass die Konstellation entsprechend der "Lehre vom verhinderten Vorteilsausgleich" zu behandeln ist, somit der Ersatzanspruch in Analogie zu den bestehenden Legalzessionsnormen (§ 332 ASVG, §10 EFZG, § 67 VVG) auf die öffentliche Hand übergeht; dies deshalb, weil die §§ 18(1),14(1) ALSAG deutlich zeigen, dass hier bezweckt ist, dass der Geschädigte mehr erhält, noch dass die Leistung der öffentlichen Hand dem Schädiger zugutekommen und ihn entlasten soll 64.

  • 39. Vgl. insbesondere den naturwissenschaftlichen Problemkatalog zur Erstellung eines Bodenschutzkonzepts für Österreich in: Bodenschutz, Probleme und Ziele, herausgegeben vom Umweltbundesamt 1988.
  • 40. Zu den Problemen des Kausalnachweises bei Fällen minimaler Kausalität vgl. Bydlinski, Schadensverursachung S. 108 ff.
  • 41. Fraglich ist, ob man dem einzelnen KfZ-Benutzer überhaupt eine Pflichtwidrigkeit vorwerfen kann.
  • 42. Die daraus entstehenden Argumente gegen eine einseitige haftungsrechtliche "Schlechterstellung" von Betreibern solcher Anlagen haben also Berechtigung.
  • 43. Vgl. Koziol, Haftpflichtrecht II 2 S. 576 ff mwN, insbesondere mit den Hinweisen auf die Haltung der Judikatur zur analogen Anwendung bestehender Gefährdungshaftungsnormen auf ungeregelte Sachverhalte.
  • 44. Die Zusammenfassung zu einer Haftungsgemeinschaft liegt auch wegen der Homogenität dieser "Gesamtheiten" nahe.
  • 46. Am sinnvollsten wird dies auf fiskalischem Weg zu erfolgen haben, vorrangig durch Verbrauchsabgaben auf Treibstoffe bzw. Düngemittel.
  • 47. Dass man sich diesem Ziel nur annähern kann, ist klar; da die genaue Feststellung des individuellen Beitrags in der Regel unauflösbar ist; diese "Unauflösbarkeit" stellt aber ein Risiko dar, das entsprechend dem in §1302 ABGB enthaltenen Grundgedanken von den Schädigern zu tragen ist.
  • 48. Zur Ablehnung des Begriffs "Verursacherprinzip" vgl. schon oben bei FN 5; im Übrigen sind nicht bloß Abstufungen nach rein quantitativen Aspekten denkbar; diskutabel sind auch Ausnahmen, wenn ein alternatives Verhalten nicht "zumutbar" ist.
  • 49. In abgewandelter Form entnommen aus: Kerschner, Privatrechtlicher Umweltschutz bei sogenannten "Altlasten", Rz. 1990, S. 126 ff.
  • 50. Zur Problematik der Gefahren aus aufgelassenen bzw. ohne Genehmigung betriebenen Abfalldeponien, vgl. ÖBIG, Abfallerhebung in den Gemeinden 1984, Wien 1985.
  • 51. Vgl. dazu das Wasserbautenförderungsgesetz 1985, das Altlastensanierungsgesetz, das Umwelt- und Wasserwirtschaftsfondsgesetz sowie das Umweltfondsgesetz.
  • 52. In diesen Fällen spielt vor allem die "Voraussehbarkeit der Schädigungseignung", zum Zeitpunkt der jeweiligen Ablagerungshandlungen als unabdingbare Voraussetzung einer Gefährdungshaftung eine wichtige Rolle, vgl. auch Kerschner aaO S 30, entsprechend zur Verschuldungshaftung.
  • 53. Und zwar hier im Sinne des prinzipiellen Vorrangs des Umweltschutzes, vgl. dazu das Bundesverfassungsgesetz vom 27. Nov. 1984 über den umfassenden Umweltschutz BGBl: Nr. 491.
  • 54. Durch bewusstes Untätigbleiben der öffentlichen Hand werden ja sicher keine Sanierungsmaßnahmen induziert.
  • 55. Dem Prinzip individueller Verantwortlichkeit ist solange Vorrang zu geben, als Schäden noch dem Verantwortungsbereich eines bestimmten Schädigers zuordenbar sind. Das Gemeinlastprinzip (= die Kosten der Schadensbeseitigung sowie allfällige Folgekosten werden auf die Allgemeinheit überwälzt) soll nur dort - subsidiär - greifen, wo eine individuelle Verantwortlichkeit nicht mehr feststellbar ist, oder wenn es aus anderen Gründen z.B. sozialen, verteilungspolitischen etc. geboten ist. Das Gemeinlastprinzip als bloß faklisches Ergebnis eines ineffektiven Rechtsschutzsystems ist jedenfalls abzulehnen.
  • 56. Normen wie §18(2)(3) ALSAG, §11 UFG helfen da nur bedingt weiter; vgl. auch die reservierte Äußerung von Kerschner, aaO S 28; Berger in: Berger/Onz, Altlastenhaftung, Laxenburg 1990, S 46f.
  • 57. Vgl. dazu § 18 ALSAG bzw. § 12a (3) Z. I. 2, 3 WBFG; diese Vorschriften betreffen die Kostenerstattungspflicht für Sanierungstätigkeiten der öffentlichen Hand im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung.
  • 60. Vgl. dazu die §§ 18(1), 12(1), 14, 11, 15 ALSAG.
  • 61. Koziol-Welser 17 S 401 mwN.
  • 62. Vgl. die §§ 18(1), 14(1) ALSAG.
  • 63. Koziol-Welser 17, S 399ff mwN.
  • 64. Koziol-Welser 17, S 400.