Düsseldorf. (ts). Am 24. Oktober beginnt eine neue Ära des Sicherheits- und Polizeistaates Bundesrepublik Deutschland. In einem Hochsicherheitsgerichtssaal am Oberlandesgericht Düsseldorf, der eigens für diesen Zweck um sieben Mio. DM errichtet wurde, wird der Prozess gegen die kurdische Arbeiterpartei (PKK) eröffnet. Allen 19 Angeklagten wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung innerhalb der PKK vorgeworfen. Bei Einzelnen lautet die Anklage weiters auf Urkundenfälschung, Freiheitsberaubung, Mord und Mordversuch in Westeuropa. Drei stehen sogar wegen Mord und Mordversuch an Kurden im Libanon vor (einem bundesdeutschen!!!) Gericht. Die BRD maßt sich offensichtlich an, den Weltgendarmen zu spielen und über Gewaltdelikte einer nationalen Befreiungsbewegung, die einen bewaffneten Kampf führt, zu urteilen.
Das Neue an diesem § 129a-Verfahren ist, dass den meisten Angeklagten gar keine konkrete Straftat mehr vorgeworfen wird, sondern "nur mehr" die Bildung einer terroristischen Vereinigung. Und selbst dieser Vorwurf wird nicht näher präzisiert. So wird nicht die PKK zu einer terroristischen Vereinigung erklärt - was nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofes auch gar nicht möglich wäre, dass sich dabei um eine ausländische Organisation handelt - sondern ist in der Anklageschrift von einem "Parteikomitee zur Parteisicherheit", einem ''Zentralkomitee", ''Killerkommandos'' ...... die Rede. Wie diese Organisationen strukturiert sein sollen, wer ihre Mitglieder sein sollen, wird nirgends näher ausgeführt.
Trotz des großen Umfanges der Ermittlungsakten (mehr als 50 000 Blatt Dokumente, Zeugenaussagen usw.) wird jedem Angeklagten nur ein Pflichtverteidiger zugeteilt, der aber alleine unmöglich das gesamte Belastungsmaterial durcharbeiten kann. Die Untersuchungshäftlinge haben keine Möglichkeit untereinander Kontakt aufzunehmen und kein Recht Dokumente der PKK zu beziehen, um sich auf den Prozess vorzubereiten. (Vergleiche JURIDIKUM Nr.3).
Die Dauer dieses Gerichtsverfahrens ist auf zwei Jahre angesetzt. Die Kosten der Verteidigung, Übersetzung, des Gerichtes und der Sicherheitsbeamten werden sich auf mehr als 2 Mio. DM pro Monat belaufen.
Im Hochsicherheitsgerichtssaal sollen die Angeklagten nicht bei ihren Verteidigern sitzen, um sich mit ihnen verständigen zu können, wie dies selbst im Faschismus und in den bisherigen Terroristenprozessen in der BRD üblich war, sondern in einer völlig anderen Ecke des Saales hinter einer Panzerglaswand. In dieser überflüssigen Sicherheitsmaßnahme sieht der Verteidiger Eberhard Schultz aus Bremen "die westeuropäisch-klinisch saubere Variante der Militärgerichtsverfahren in der Türkei".
Dieses Verfahren zielt auf die Zerstörung der politischen Identität der Untersuchungshäftlinge und der kurdischen Exilorganisationen in Westeuropa ab. Damit macht sich die BRD zu einem direkten Komplizen des türkischen Militärregimes im Kampf gegen die Kurden. Die BRD ist verpflichtet, an befreundete NATO-Geheimdienste (so auch an den türkischen) Informationen weiterzuleiten.
Im September wurde der erste Fall direkter Zusammenarbeit zwischen bundesdeutschen und türkischen Behörden im Rahmen dieses Verfahrens bekannt. Ein kurdischer Gastarbeiter, dessen Wohnung im Zuge der Ermittlungen zu diesem Verfahren von den deutschen Behörden durchsucht wurde, ist von den türkischen Militärs ermordet worden.
Dieses Verfahren wird von massiven Repressionsmaßnahmen gegen Kurden und kurdische Organisationen begleitet. Der Verantwortliche des kurdischen AGRI- Verlages hat einen schriftlichen Bescheid erhalten, dass er keine politische Agitation mehr für die kurdische Sache machen dürfe, da dies terroristisch sei. Zahllose Kurden haben Bescheide erhalten, dass sie zu bestimmten Ereignissen, wie zum Beispiel dem Besuch des türkischen Präsidenten Evren das Haus nicht verlassen dürfen. Manche Kurden wurden zu diesem Anlass morgens von der Polizei abgeholt, zur Arbeit gebracht und abends wieder "zurückbegleitet". Von Seiten der bundesdeutschen Presse ist zu Prozessbeginn eine wahre Hetzkampagne zu erwarten. So hat das "Bild am Sonntag" eine Springer-Zeitung schon am 8. Oktober einen Artikel mit dem bezeichnenden Titel "Die Kurden kommen" veröffentlicht. Aber das ist nichts Neues: Im 3. Reich haben die Nazis verbreitet: "Die Russen kommen."
Einerseits wird mit diesem Verfahren das faschistische Regime in Ankara unterstützt, an dessen Stabilität die gesamte NATO interessiert ist, andererseits ist in der BRD jetzt reiner Gesinnungsjustiz Tür und Tor geöffnet, da der § 129 auch ohne Vorwurf jeglicher materieller Straftat angewendet wird.
Generalanwalt Rebmann als Weltgendarm