Bundesdeutsche Medienunternehmen stoßen im eigenen Land an die Grenzen des Kartellrechts. Auf ihrer Suche nach neuen Investitionsmöglichkeiten fanden sie in Österreich auf urwüchsige Zustände vor. Hierzulande fragt kein Richter nach Auflagenzahlen und Medienkonzentration; die Diskussion über mögliche gesetzliche Regelungen kommt langsam in Gang. Die BRD-Medienkonzerne bewiesen in der Vergangenheit großen Einfallsreichtum bei der Umgehung von Wettbewerbsbestimmungen. Durch zahlreiche Firmengründungen, Aufteilung von Geschäftsanteilen unter Freunden und Familienmitgliedern und dergleichen Tricks gelang es ihnen immer wieder das Bundeskartellamt in die Ecke zu stellen. Einigen ist der Rahmen bundesdeutscher Gesetze offensichtlich doch zu eng geworden. Mediengiganten wie Springer, Bertelsmann, WAZ etc., nehmen international jede Expansionsmöglichkeit wahr (Springer, zum Beispiel, produziert in den USA bereits eine Reihe von Publikumszeitschriften). Besonders erfrischend muss für sie der österreichische Markt gewirkt haben: urwüchsig und ungeregelt fanden sie ihn vor. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) und Springer kauften sich im vergangenen Jahr bereits in großem Stil bei Krone, Kurier und Standard ein; Bertelsmann drängt in den Bundesländern nach. Anti-Trust-Gesetz? Das Eindringen der deutschen Medienzaren dürfte für einige hiesige Medienpolitiker doch etwas überraschend gewesen sein. Dementsprechend schwach und verwirrt waren auch die ersten Reaktionen. Wieder einmal stellte sich heraus, dass Österreich eine Diskussion verschlafen hat, die in der BRD schon seit Jahrzehnten geführt wird: Bei unseren nordwestlichen Nachbarn hat sich schon sehr bald herausgestellt, dass mit purem Wirtschaftsrecht der Aushöhlung der Meinungsfreiheit durch Konzerne nicht beizukommen ist. Der (bundes-) Republikanische Club forderte daher schon in den 60-er Jahren ein "Pressefreiheitsgesetz (PreFreihG)", das auf die spezifischen Probleme der Medienkonzentration Bezug nimmt. Dessen wesentlichste Punkte sollten sein: Jeder Verlag darf Tageszeitungen oder Zeitschriften nur bis zu einer bestimmten Gesamtauflage herausgeben. Jeder Verlag muss sich innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes selbst so entflechten, dass die Auflagenbegrenzung nicht überschritten wird. Ist die Anpassung binnen Jahresfrist nicht erfolgt, tritt eine staatliche Entflechtung ein. Die Enteignung soll das "Bundeskartellamt" vornehmen. Spätestens vier Wochen nach der Enteignung muss der Bund als zwischenzeitlicher Treuhänder die neuen Zeitungseinheiten auf neu zu bildende "Publikumsgesellschaften" (AG) übertragen. Jeder Druckereibetrieb, bei dem die entflochtenen Zeitungen bisher gedruckt wurden, ist verpflichtet diese Erzeugnisse weiterhin zu drucken. Anzeigengenossenschaften, denen alle Verleger angehören müssen, verwalten den gesamten Anzeigenerlös, abzüglich der Selbstkosten und eines Sofortgewinns von 20 Prozent am Nettoertrag der Anzeigen. Die der Anzeigengenossenschaft zufallenden Erlöse werden den Zeitungen im Verhältnis ihrer Verkaufsauflagen zugeteilt. Dieser Entwurf war in der BRD auch in fortschrittlichen Kreisen umstritten. Dass es eines Gesetzes bedarf, das der Medienkonzentration in Österreich entgegenwirkt, darüber sind sich allerdings auch hierzulande viele einig. Peter-Michael Lingens forderte im "Profil" ein Antidumping- sowie ein Antitrustgesetz für die Zeitungsbranche. Sein Vorschlag ist freilich eher am Interesse der Zeitungsverleger als an der Forderung nach umfassender Meinungsfreiheit orientiert. Presseförderung für KroKuWAZ Kurios war das System der staatlichen Presseförderung schon bisher. Während den beiden größten Tageszeitungen alljährlich zu ihren Millionenprofiten noch Förderungsmillionen in den Rachen geworfen wurden, erhielten in der "zweiten Stufe" kleine, wirklich förderungswürdige "Zuwendungen" im Tausenderbereich. Bisher hat sich kaum ein Medienpolitiker an dieser Vorgangsweise gestoßen; jüngst überlegen einige sogar öffentlich, ob es denn notwendig ist, deutschen Mediengiganten noch weitere Millionen zuzuschanzen. Eva Prager-Zitterbart, ihres Zeichens Präsidentin der Journalistengewerkschaft, forderte eine "Maximalhürde, bis zu welcher ein Zeitungskonzern mit ausländischer Beteiligung in den Genuss einer staatlichen Beteiligung kommen soll, von 25 Prozent". Außerdem sprach sie sich für eine Sondersteuer auf Werbeeinnahmen aus, "damit könnte man die staatliche Hilfe mit einem Schlag verdoppeln". Diesen Sinn hat der WAZ-Schock vielleicht gehabt: Dass nun auch in Österreich eine lang versäumte medien- und rechtspolitische Diskussion in Gang kommt.
Wettbewerbsrecht