Seit etwa zwei Jahren häufen sich Äußerungen von Fremdenhass: In den Medien werden paranoide Horrorphantasien breitgetreten – Schleppermärchen, Wirtschaftsflüchtlinge, Ausländerkriminalität. Sogar ein KP-Blatt nimmt in Traiskirchen eine "Ausländerplage" wahr, für FP und Neonazis gibt es eine "Überfremdungsgefahr"; Landeshauptleute erkennen Ausländer am Aussehen oder rechnen sie gegen Arbeitslose auf. Die Kaisersteinbrucher fürchten, dass rumänische Flüchtlinge ihren Ort "vollscheißen" und ihre Frauen vergewaltigen, die Bürger des 2. Wiener Gemeindebezirks fürchten wegen polnischer Wohnwagen in ihrer Gasse keinen Parkplatz mehr zu finden.
Der Rechtsruck: Große Koalition, Sozialabbau, "Zwei-Drittel-Gesellschaft", Arbeitslosigkeit,... Statt einer Verbesserung der Kommunikation in gesellschaftlichen Problemzonen und der Förderung solidarischer Lösungen huldigen kurzsichtige Politiker und Wirtschaftsbosse verschärfter Konkurrenz und setzen immer häufiger auf Zwang und Gewalt. Ein wachsender Teil der Bevölkerung wird ausgegrenzt und als "Randgruppen" auf das gesellschaftliche Abstellgleis manövriert: Nichtangepasste Jugendliche, Hausfrauen, Alte, Behinderte, Kranke, Drogenkranke, Verrückte, Kriminalisierte, Obdachlose, Ausländer, Flüchtlinge, Slowenen und Kroaten, aber auch "Zigeuner" und Juden haben wieder Anlass, sich vor ihren Mitmenschen zu fürchten.
In diesem Klima der Entsolidarisierung kommen bisher eher tabuisierte fremdenfeindliche und rassistische Vorurteile wieder zum Vorschein und verschlimmern die Situation der betroffenen "Randgruppen" noch zusätzlich. Auch in "engagierten" Kreisen stieß bisher die Tatsache, dass "Gast"arbeiterInnen ja schon seit Jahren quasi als Menschen zweiter Klasse unter uns leben, nur auf geringes Interesse. Steuern und Sozialversicherung zahlen sie wie alle anderen, erhalten aber weniger an Sozialleistungen als Inländer. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz begründet eine Art Halbsklaverei. Fremdenrecht und Sonderbestimmungen in vielen Gesetzen sorgen für weitgehende Rechtlosigkeit. Bei Kündigung droht letztlich die Willkür der Fremdenpolizei: Aufenthaltsverbot und Abschiebung. So ziemlich das Gegenteil von Solidarität, Humanität und Demokratie beinhaltet die Seele des Rechtsstaats also. Die Gewerkschaften traten und treten jedoch kaum dagegen auf und verstoßen damit gegen die eigenen Interessen: Die Spaltung der Werktätigen in noch mehr Gruppen und Untergruppen, die leicht gegeneinander ausgespielt werden können, ist die Folge. Es gibt keine Lobby, die die Interessen der ausländischen MitbürgerInnen wirksam vertritt. Die verschiedenen Volksgruppen und Nationen finden nicht zu einem breiten Bündnis, die österreichischen Ableger der verschiedenen Linksparteien und Gewerkschaften der Herkunftsländer werden nur von einem Teil der in Österreich lebenden AusländerInnen unterstützt und sind außerdem meist mit ideologischen Streitigkeiten beschäftigt.
Staatliche Ausländerfeindlichkeit ohne Ende: Neuerdings gibt es Visumpflicht gegen bulgarische, türkische und rumänische Staatsangehörige, eine menschenverachtende Novellierung des Fremdenrechts, die Würdigung von AusländerInnen als Verdächtige im Entwurf zum Sicherheitspolizeigesetz und schließlich die noch nicht endgültig ausgehandelte Verschärfung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Die Motive dafür: Die eigene rassistische Tradition, aber auch Druck durch die Schweiz und BRD, vorauseilender Gehorsam in Richtung EG-Beitritt und Schengener(polizeistaat)-Abkommen, Unternehmerinteressen an billigen Arbeitskräften, etwas Bürokratenpanik vor Migrationsströmen aus Osteuropa und die Bereitschaft am neuen Eisernen Vorhang rund um die westeuropäischen Industrieländer mitzustricken.
Welche Alternativen zu dieser Politik wären denkbar? Zuallererst offene Grenzen, was das Schleppergeschäft sofort beenden könnte. Dann wirksame Bekämpfung der Schwarzarbeit, unterstützt durch einen Arbeitsvertrag mit sozialer Absicherung für alle! Weiters die ersatzlose Abschaffung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, letzteres fordern auch engagierte KatholikInnen. Neu einwandernde, die dann keine Arbeit finden, würden größtenteils von selbst wieder abreisen, zwar enttäuscht, aber ohne Schlepperhonorare bezahlt zu haben und vor allem ohne Polizeibehandlung. Das gilt freilich nicht für Flüchtlinge, die ein Recht auf ein faires Verfahren und, wenn nötig, auch auf Unterstützung haben. Dann sollte Einwanderern und Flüchtlingen, z. B. nach einem Jahr, die Einbürgerung angeboten werden. All diese heute utopisch wirkenden Forderungen, wer solches verlangt, hat es schwer und findet kaum Unterstützung. Ausländerfreundliche Gruppierungen agieren weitgehend unkoordiniert und aus ganz unterschiedlichen Motiven: Neulinke Politik, subventionierte Jobs, Idealismus, Caritas,... Zusammenarbeit und Bündnisse gestalten sich mühsam und waren bislang meist - mit Ausnahme des Flughafensozialdienstes - von kurzer Dauer: Eine Rundreise im Juni 89, Unterstützung der 106 kurdischen Flüchtlinge im Dezember 89, Proteste gegen Visumpflicht für TürkInnen und KurdInnen Anfang 90. Am wirksamsten war wohl bisher die "Aktion Grenzenlos", die sich mit Protestaktionen in Schwechat und im Parlament und durch Zeitungsinserate gegen die Novellierung des Fremdenrechts richtete, ihr Ziel aber schließlich doch nicht erreichte.
Wenn die Exekutive die Wünsche eines Teils der Bevölkerung durch Abschiebungen und brutale Behandlung von Einwanderern "erfüllt" und deren Menschenwürde mit Füßen tritt, wenn derartiges auch noch durch neue Gesetze legalisiert wird, wenn Politiker bereitwillig mit Hilfe von Rassismus und Alltagsfaschismus ihr Propagandasüppchen kochen, dann kann nur ein viel lauterer Aufschrei einer solchen Entwicklung Einhalt gebieten. Die breitestmögliche Koalition aller Interessierten und Betroffenen, alle durch diese neue Spielart plutokratischer Barbarei Sensibilisierten ist dringend geboten, wenn wir nicht erneut den faschistoiden Kräften unterliegen wollen: Eine geschwächte und völlig zerstrittene Linke und Christen, die zulassen, dass die Kirche mit Nationalisten, Profiteuren und "Führern" gemeinsame Sache macht! Für den Anfang wäre dagegen so etwas wie die Aktion S. O. S. Racisme in Frankreich auch hier zu initiieren.