§§ 209, 220 und 221 Strafgesetzbuch

Als einer der letzten Staaten Europas kann Österreich rechtliche Sonderbestimmungen gegen lesbische und schwule Menschen vorweisen, entstanden in der Zeit der Verhandlungen über die große Strafrechtsreform 1975 zwischen SPÖ und bürgerlicher Opposition als Ersatz für den Wegfall des Generalverbotes für homosexuelle Betätigung: Die §§ 209, 220 und221 des Strafgesetzbuches (§ 210, das Verbot schwuler Prostitution wurde im Vorjahr gestrichen). § 220 beinhaltet das Verbot der "Werbung für Unzucht mit Personen des gleichen Geschlechts oder mit Tieren", §221 das Verbot von "Verbindungen zur Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht". Hauptpunkt der Auseinandersetzung aber ist §209. Der Wortlaut: "Eine Person männlichen Geschlechtes, die nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres mit einer jugendlichen Person gleichgeschlechtliche Unzucht treibt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen." - Lesbisch oder heterosexuell aber darf "Unzucht" bereits ab vierzehn getrieben werden. Begründet wird diese Ungleichbehandlung heutzutage damit, dass männliche Jugendliche um die Pubertät herum häufig den sündigen Lockungen des eigenen Geschlechts erlägen, dadurch irreversibel und irreparabel schwul geprägt würden, welche sexuelle Orientierung nicht wünschenswert sei (so der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt und Ministerin Flemming). Dieser Argumentation schloss sich auch der Verfassungsgerichtshof in Ablehnung eines von der HOSI unterstützten Individualantrages gegen den §209 an, ohne zur Findung seiner Erkenntnisse die löbliche Sorgfalt wie in anderen Fällen walten zu lassen. Denn die Prägungstheorie ist überholtes Relikt sexualwissenschaftlicher Frühzeit, anerkanntermaßen widerlegt und überholt (Würde wirklich ein jeder mit einschlägiger Erfahrung schwul, könnte von "Randgruppe" auf keinen Fall mehr die Rede sein.) Nun liegt der Ball zur Beseitigung der Paragraphen bei der Politik. Im Parlament wurde die von ÖH und Bundesjugendring unterstützte Petition für rechtliche Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben vom Petitionsausschluss dem Justizausschuss mit der Bitte um eingehende Behandlung zugewiesen. Überdies stießen auch noch SP-Abgeordnete mit einem Initiativantrag zur Streichung der drei StGB-Paragraphen nach. Ausschussvorsitzender Graff zögert und Flemming sperrt sich seit Jahr und Tag gegen eine Angleichung der Schutzaltershürden. Und so dürfte Österreich noch geraume Zeit Homo- und Heterosexualität von den Strafsanktionen her unterschiedlich behandeln und obskure Sonderparagraphen aufrechterhalten. Derweilen werden wegen Strafbarkeit ihrer Liebe weiterhin einige Schwule verurteilt und in ihrer Existenz gefährdet werden, werden weitere Staaten Antidiskriminierungsgesetze und Bestimmungen über soziale Gleichstellung beschließen. Die erwähnte Verfassungsbeschwerde wird vielleicht nach Straßburg kommen, wo die Erfolgsaussichten höher sein werden: Irland wurde zur Beseitigung des Totalverbotes gebracht und wird ein einheitliches Schutzalter einführen. Anti-Diskriminierungsgesetze gibt es bereits.