Der A-Mocklauf unseres Außenministers in die Europäische Gemeinschaft, scheint nicht immer so zu laufen, wie er sich das gerne vorstellt. Aber zumindest auf einem Gebiet wurde der Anschluss an die EG bereits vollzogen: Österreich ist seit 1987 Mitglied der TREVI-Gruppe.
Die Abkürzung TREVI steht für die Anfangsbuchstaben der französischen Wörter "Terrorisme, Radicalisme, Extremisme" und "Violance International". Dieses Gremium. in dem alle Sicherheitsbelange der zwölf EG-Länder beraten werden, hat nach den USA und Kanada auf einer Tagung in München1987 Österreich als dritten Nicht-EG-Staat mit Sonderprivilegien gewissermaßen kooptiert.
"TREVI hat sich die Verbesserung der Zusammenarbeit in den Bereichen Terrorismus und Extremismus innerhalb der EG zum Ziel gesetzt und deckt damit ein Feld ab, das die Interpol ihren Statuten gemäß weitgehend ausklammern muss," so der Chef des westdeutschen Bundeskriminalamts auf einer TREVI-Tagung im Juni 1988. Die Einrichtung der TREVI-Gruppe resultiert aus der Unzufriedenheit westeuropäischer Polizeibehörden mit der Interpol. Auf Grund der eng gefassten Statuten dieser 136 Mitgliederstaaten umfassenden Organisation fallen alle politisch oder religiös motivierten Straftaten durch den Interpol-Fahndungsraster. Den Politikern und hohen Polizeioffizieren reicht - auf Grund der Erfahrungen mit der schweren internationalen Kriminalität, zum Beispiel dem Drogenhandel und dem Terrorismus und mit dem immer größer werdenden Flüchtlingsstrom aus der Dritten Welt und den außerparlamentarischen Protestbewegungen in Westeuropa und den USA - die Interpol schon lange nicht mehr. Vor allem im Hinblick auf die Errichtung des EG-Binnenmarktes 1992 "haben sich in einer Art zwischenstaatlicher Grauzone, fernab jeglicher öffentlicher und parlamentarischer Kontrolle, bereits vor Jahren mehrere Gremien gebildet, die am grenzenlosen Europa für die Polizei stricken", schreibt die T AZ in ihrer Ausgabe vom 14.6.'88.
Eines davon ist die TREVI-Gruppe. Sie arbeitet auf mehreren Ebenen: Der Ebene der Minister, der hohen Beamten der Innen- und Justizministerien und der Arbeitsgruppen. In den letzteren sitzen die Polizeiexperten zusammen. Es gibt drei Arbeitsgruppen: l. Terrorismus, 2. Ausbildungs- und Ausrüstungsfragen, 3. schwere internationale Kriminalität. Auf der TREVI-Tagung in Brüssel im April '87 wurde in einer "Ad hoc-Gruppe zur Einwanderungsfrage" auf Ministerebene über Asylpolitik diskutiert.
Auf derselben Tagung wurde über die Schaffung eines westeuropäischen Kommunikationsnetzes zwischen den beteiligten Behörden der Mitgliedsstaaten beraten. Was das bedeutet, kann man/frau sich leicht ausmalen. Die österreichische Polizei verfügt schon seit Jahren über ein elektronisches kriminalpolizeiliches Informationssystem -kurz EKIS genannt. Darin werden die Daten der Polizei, Justiz und anderen Behörden gespeichert, die von jedem Polizisten über Funk abrufbar sind. Der Datenschutz kommt dabei unter die Räder der Exekutive, wie das Beispiel eines "Falschparkers" erst kürzlich gezeigt hat: Ein Wiener Autofahrer wird beim Parken in zweiter Spur von der Polizei ertappt. Seine Personalien werden über Funk der EKIS-Zentrale übermittelt und plötzlich wird sein Wagen nach Strich und Faden durchsucht. Warum? Er war Zeuge (!) in einem Drogenprozess. (MOZ Jänner/89).
Auf westeuropäischer Ebene bedeutet ein solches Informationssystem eine neue Qualität des Polizeistaates. Dem Präsidenten des westdeutschen Bundeskriminalamt Heinrich Boge ist selbst das zu wenig. Er plant bereits die "grenzenlose" Polizei. Boge hat sich wegen der geplanten totalen Öffnung der Grenzen zwischen den EG-Ländern dafür ausgesprochen, dass künftig auch in der Kriminalitätsbekämpfung alle Schranken fallen. Dies würde bedeuten, dass die Polizeidienststellen der einzelnen Staaten auch auf dem Territorium der anderen Länder amtshandeln dürfen - natürlich nur in Abstimmung mit den örtlichen Behörden. Den entscheidenden Vorteil, den Boge in dieser Regelung sieht: Man spart sich die lästigen Auslieferungsverfahren.
Dieser Traum (das sollte es auch bleiben!) ist aus der Sicht westdeutscher Behörden durchaus verständlich. So weigern sich die Niederlande, Frankreich und die Schweiz Auslieferungsbegehren der BRD nach dem Antiterrorparagraphen 129a des deutschen StGB stattzugeben. In Österreich gehen die Uhren anders, wie zwei tragische Fälle der jüngsten Vergangenheit zeigen. Der Kurde Ali Sapan und die Journalistin Ingrid Strobl wurden von Österreich nach einem Auslieferungsbegehren nach § 129a an die Bundesrepublik ausgeliefert. Beide befinden sich derzeit in deutschen Hochsicherheitsgefängnissen in menschenunwürdiger Isolationshaft und haben keine Aussicht auf ein rechts staatliches Verfahren.
Für die Regierenden und die Wirtschaftsmonopole Europas muss die polizeiliche Einigung parallel zur wirtschaftlichen laufen.
Erstens müssen die Grenzen dem Flüchtlingsstrom aus der Dritten Welt verschlossen werden. Dieser wird in Zukunft sicher noch weiter anwachsen, da das Nord-Süd-Gefälle unter der Daumenschraube eines wirtschaftlich geeinten Europas immer größer werden wird.
Europa wird eine "Festung der Plünderer" werden. Es hat den Völkern Rohstoffe, Mineralien und sogar Arbeitskräfte geraubt. Es hindert sie an einer eigenen Produktion. Diese Europa spielt bereits in verschiedenen Bereichen der Dritten Welt die Rolle der USA in Südamerika. Zweitens muss die innere Sicherheit Europas auch nach 1992 gewährleistet bleiben und das wird nach den geplanten Verschärfungen im Sozialbereich sicher nicht leicht werden. Aber es bereitet sich ganz gut auf die Konfrontation vor. In diesem Europa wird man/frau auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen müssen.
"ZUSAMMENARBEIT"