Princeps legibus solutus est bedeutet wortwörtlich, dass der Kaiser von den Gesetzen losgelöst ist, also keiner Gesetzesbindung unterliegt. Warum aber genießt der princeps Freiheit von den Gesetzen? In welchem Ausmaß ist der Herrscher von den Gesetzen losgelöst? Und: Inwiefern kommt ihm Souveränität zu? Eine kritische Analyse von Quellen aus drei Epochen – Antike, Mittelalter, Frühe Neuzeit – zeigt, dass princeps legibus solutus est über die Jahrhunderte hinweg einen starken Bedeutungswandel durchlebte. Dies primär deswegen, da Gelehrte der Frühen Neuzeit princeps legibus solutus est dadurch in einen anderen Kontext setzten, dass sie diese Formulierung in ihre Theorien zur Souveränität einwoben. Dieser ideengeschichtlich-staatstheoretische Beitrag zeigt am Beispiel der Souveränität auf, dass (rechtliche) Konzepte mitunter nicht die ihnen unterstellte Kontinuität und Unabänderlichkeit aufweisen, sondern vielmehr auf langwierigen Evolutionsprozessen fußen, wandelbar sind.