Die österreichische Bundesregierung setzte am 1.7.2025 den angekündigten Stopp der Familienzusammenführung nach dem Asylgesetz mittels Verordnung um. Dieser Beitrag analysiert die politische und gesetzgeberische Vorgeschichte, insbesondere die Novellierung des § 36 AsylG und die Einführung des § 36a AsylG, der eine Hemmung der Entscheidungspflicht in laufenden Verfahren vorsieht. Aus unions- und verfassungsrechtlicher Perspektive wird der Stopp als höchst problematisch bewertet: Die Berufung auf Art 72 AEUV als Rechtsgrundlage erscheint unzulässig, da diese Bestimmung nach der hier vertretenen Auffassung keine nationalen Alleingänge zu rechtfertigen vermag. Zudem verletzt die gesetzlich angeordnete Verfahrenshemmung grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien sowie verfahrensrechtliche Garantien nach Art 8 EMRK. Der Beitrag sieht darin einen kalkulierten Rechtsbruch und warnt vor einer systematischen Aushöhlung menschenrechtlicher Standards sowie der Erosion des Unionsrechts.
Zwischen Notstand und Erosion des Unionsrechts